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Gegen die menschliche NaturZeitschrift Umělec 2012/115.04.2013 16:58 Pil and Galia Kollectiv | lösungen | en cs de |
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Die post-fordischen Arbeitsbedingungen tragen eine Maske von Offenheit, Flexibilität und individueller Freiheit. Die Kritik erfüllt ihre Verpflichtungen um so schwieriger, wie sie von der Institution buchstäblich angezogen wird, um sich mit dieser zu beschützen. Ist es unter diesen Bedingungen überhaupt noch möglich, so eine Kunst zu machen, die nicht zum Kulturbetrieb gehört? Ähnlich wie Kenneth Goldsmith im Leitartikel dieser Ausgabe, denkt das Kritikertandem über die doppelsinnigen Taktiken nach, die das Konzept der Institution nicht angreifen, sondern überwältigen.
Die Idee der künstlerischen Urheberschaft ist im Gedanken der Einzigartigkeit verwurzelt. Wir dürfen nicht länger an besondere Fähigkeiten glauben, die mit ‚Talent‘ oder ‚Genie‘ in Verbindung gebracht werden; denn auch in der zeitgenössischen postkonzeptuellen Praxis, in der es Verteilungs- und Gemeinschaftsmodelle gibt und es an disziplinären Bindungen und an bestimmten Medien mangelt, müssen Kunstschaffende ihre eigene spezielle Marke hervorbringen. Wenngleich die Produktion und Erhaltung des künstlerischen Selbst nicht länger mit einer indexikalisch-charakteristischen Handschrift des Künstlers in Verbindung gebracht werden kann, so stehen sie doch auch heute noch sehr stark im Mittelpunkt der Kunstproduktion. Die komplexe Beziehung zwischen diesen Formen künstlerischer Urheberschaft und anderen kapitalistischen Produktionsformen, im Rahmen der neoliberalen Ideologie, verdient eine umfassende Betrachtung. Hier ist es besonders wichtig, die naturalisierten ideologischen Komponenten der aktuellen hegemonialen, soziopolitischen und künstlerischen Strukturen zu betrachten, die an der Ökonomie der Produktion der menschlichen Natur partizipieren, während sie diese zur gleichen Zeit als Grundfeste zur Schau stellen. Wie etliche Autoren, die über Postfordismus und immaterielle Arbeit geschrieben haben, bemerkt haben, resultiert der Gedanke, dass die Erschaffung des Selbst die Produktion eines Werkes voraussetzt, aus der unmittelbaren Nähe von künstlerischer Arbeit und der Arbeit im Allgemeinen. In der Konsequenz fällt es schwer, sich einen kritischen Raum vorzustellen, in dem Kunst im Verhältnis zu dem operieren kann, was historisch gesehen, als ihr Gegenteil verstanden wurde, die Knechtschaft der Arbeit. Die Forderungen nach Befreiung von Arbeit und den Ersatz durch freies Spiel, wie es einige Avantgardisten und ihre 68er Erben erhoben, klingen hohl, wenn Kreativität nicht nur gefördert, sondern von der Wirtschaft erzwungen wird, die den Wert von Erfahrungen und Ideen valorisiert. Der bekannte Slogan der Situationisten „Arbeitet niemals!“ wäre kaum auf die heutigen Arbeitsbedingungen anwendbar, wo man doch permanent arbeitet, sogar (oder insbesondere) dann, wenn man sich sozial und kreativ betätigt. In mancherlei Hinsicht ist das Projekt der Kunstkritik sehr erfolgreich gewesen, aber die Ironie seines Erfolges lag in der Eroberung von noch mehr Lebensbereichen durch das System, welches es doch abschaffen wollte. Diese Ironie ist weithin anerkannt; und tatsächlich konzentriert sich die kunstkritische Praxis augenblicklich darauf, dies hervorzuheben, wobei sie im eigenen Unvermögen schwelgt. Um aus dieser Sackgasse herauszukommen, müssen wir die Hypothesen untersuchen, die der latenten Ideologie des neoliberalen Spätkapitalismus zugrunde liegen und einen Weg suchen, der Talent, Kreativität und Außergewöhnlichkeit wieder miteinander in Einklang bringt. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht das Bedürfnis, den Widerspruch, den diese Ideologie – ungeachtet umfangreicher Beweise des Gegenteils – stützt, genau zu bestimmen, und zwar die Idee, dass Erfolg, gleichbedeutend mit Wohlstand, das Ergebnis harter Arbeit von Individuen ist. Dennoch ist die Kopplung von Verdienst (Talent, harte Arbeit, der Glaube an sich selbst usw.) und Vergütung (Wohlstand und sozialer Status) alles andere als eindeutig. Diese Betrachtung kann grob in zwei Kategorien unterteilt werden: die biologische Sichtweise postuliert, dass der Verdienst auf einer natürlichen genetischen Veranlagung beruht, die von Geburt an gegeben ist, während die sozial-konstruktivistische Sicht behauptet, dass Individuen, die bereits im Elternhaus eine bessere Bildung und Unterstützung erhalten, die besseren Entscheidungen im Leben treffen. Die letztere, sozial-konstruktivistische Annäherung wird besonders deutlich an David Camerons Erziehungs- und Familienpolitik. In einer Rede vom 11. Januar 2010 sagte der britische Premierminister: „auch wenn man nicht der Theorie nachgeht, dass eine gute Erziehung durch die Eltern der Schlüssel zur Erschaffung verantwortungsvoller Persönlichkeiten ist, ist es bewiesen, dass diese der allerwichtigste Faktor für unseren zukünftigen Erfolg oder unser Versagen ist…“. Es zeigt sich, dass die Unterschiede in der Entwicklung zwischen zwei Kindern, von denen eines in armen und eines in reichen Verhältnissen geboren wurde, nicht länger statistisch relevant sind, wenn sie beide von „selbstbewussten und fähigen“ Eltern erzogen wurden.1 Aber wie jemand „selbstbewusst und fähig“ wird, bleibt bewusst vage – eine naturalisierte menschliche Qualität, die sich politischen, sozialen oder ökonomischen Begriffen entzieht. Tatsächlich weisen viele Menschen die Wechselwirkung von Erfolg und Verdienst zurück, wenn sie mit der Frage konfrontiert werden, ob der Erfolg wohlhabender Menschen darauf zurückzuführen sei, dass sie begabter seien. Ähnlich unterstützen in der Tat nur wenige eine finanzielle Diskriminierung, wenn gefragt wird, ob jemand mit schweren Lernschwierigkeiten einen niedrigeren Lebensstandard als eine Person verdient, die mit einem hohen IQ gesegnet ist. Und trotzdem hält sich die Idee vom selbsterwirtschafteten Reichtum. Dies liegt oft daran, dass persönliche Anekdoten, harten Fakten gegenüber, bevorzugt werden, wenn es um soziale Beweglichkeit geht („mein Großvater war arm und trotzdem hat er viel Geld durch bloße harte Arbeit verdient“). Diese soziale Beweglichkeit ist dabei natürlich das bestimmte Projekt des liberalen Kapitalismus unter einem spezifischen historischen Regime, und nicht ein Wert, der dem kapitalistischen System innewohnt. Der soziale demokratische Kompromiss, der in Europa seit Ende des Zweiten Weltkrieges aufkam, erlaubte durch die Strukturen des Wohlfahrtstaates eine limitierte soziale Mobilität, um die Massen vom Kommunismus fernzuhalten. Aber nach dem Ende des Kalten Krieges wurde viel vom Reichtum der letzten Jahrzehnte von einem konkurrierenden Projekt hergeleitet: dem spektakulären Abbau und der Deregulierung dieser Strukturen durch die neoliberale Politik. Es ist Milton Friedman, dem konsequentesten Rechtfertiger des neoliberalen Kapitalismus, zu Gute zu halten, dass er sich nicht vor den wahren Implikationen der Leistungsgesellschaft drückt. In einem der Gründertexte des neoliberalen Denkens, Kapitalismus und Freiheit, artikuliert Friedman kurz und bündig die Willkür, die der biologischen Sichtweise zu Grunde liegt: „Der Mensch, der hart arbeitet und sparsam ist, wird als ‚verdient’ angesehen; doch diese Qualitäten beruhen zu einem großen Teil auf den Genen, die er glücklicherweise (oder unglücklicherweise) geerbt hat“.2 Für Friedman geschieht die Konstruktion des Individuums gänzlich außerhalb des Sozialen oder Politischen. Die Zufälligkeit der genetischen Distribution ist gerechtfertigt, eben genau deshalb, weil sie natürlich ist und ohne einen sozial festgelegten Rahmen stattfindet, der kritisiert werden könnte. Die biologische Chance aber gibt dem Kapitalismus eine ethische Dimension, obwohl es keine logische Notwendigkeit zu der Konsequenz gibt, dass es die Rolle des Staates ist, natürliche Unterschiede zu fördern, statt sie zu lindern. Aber ob man den Klassenunterschied in der Natur oder der Erziehung ausmacht, beide Theorien sind um einen hohlen Kern von theologischen Dimensionen konstruiert. Bei beiden geht das Individuum – ein Subjekt, das bereits zu ethischen Entscheidungen und Argumentationen fähig ist – einer Gesellschaft voraus, die als ein Ergebnis aus der Verhandlung zwischen individualisierten, freien Vertretern geformt wurde. Trotz des tiefen Glaubens, inspiriert vom Mythos der Leistungsgesellschaft, würden nur wenige Verteidiger des Kapitalismus, Friedman einmal außer Acht gelassen, ihre ideologische Überzeugung zum ökonomischen System bekennen. Kapitalismus wird meist naturalisiert, indem er als unausweichlich dargestellt wird. Es wäre großartig, wenn wir alle gleich wären, so heißt es, aber das ist einfach nicht möglich: Menschen sind von Natur aus wettstreitend, von Natur aus mit verschiedenen Fähigkeiten, Begabungen und Wünschen ausgestattet, und deshalb wäre es unnatürlich, ihnen gleiche Lebensbedingungen aufzuzwingen. Die menschliche Natur bildet den unangreifbaren Grund, in dem der Glaube an die Prinzipien des neoliberalen Kapitalismus wurzelt, sogar von denen, die ihn in sich tragen. Gleichzeitig werden die Regeln und Regulierungen der Gesellschaft niemals als Produkt dieser Natur verstanden. Der grösste Irrtum, der die Idee von naturgegebener Ungleichheit unterstützt, ist die Gleichsetzung von gleich und identisch. Der liberale Buhmann ist eine Welt von identisch gekleideten Klonen in grauen Schichtanzügen, die stumm zur Arbeit marschieren, mit einem Bauch, der kaum mit geschmacklosem Haferschleim gefüllt ist. Der liberale Diskurs der Wahl wird genutzt, um die Tatsache zu verbergen, dass die Wahl in der kapitalistischen Gesellschaft schon von vornherein begrenzt ist. Da man es sich nicht aussucht, arm oder reich geboren zu werden, ergibt es keinen Sinn, nachfolgende Entscheidungen, bezüglich der Kleiderwahl oder der Nahrung, als selbstverantwortlich zu verstehen. Wie Pierre Bourdieus Klassiker Die feinen Unterschiede gezeigt hat, gründen sich Verbraucherentscheidungen auf Klassenunterschiede.3 Für die Vorstellung, dass eine gleichere Gesellschaft Auswahlmöglichkeiten beschränken würde, gibt es keinen Grund: für die Masse der Weltbevölkerung würde vermutlich die Möglichkeit eines wirklichen Auswählens zwischen echten Optionen mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten hervorrufen. Noch wichtiger aber ist, dass die Betonung der menschlichen Essenz, als eine der sozialen Produktion von Subjektivität vorgelagerten, den Ursprung von Eigenschaften wie Egoismus verschleiert und eine unvertretbare Rechtfertigung für die Erhaltung der Macht der Wenigen produziert. Der liberale politische Gedanke war historisch auf die Fiktion des brutalen ‘Urzustandes‘ angewiesen, um die Gesellschaft als eine Flucht vor der naturalisierten Gewalt zu konstruieren. Indem sie diese kompetitive Gewalt fälschlicherweise für die Natur selbst hielt, während sie in Wirklichkeit das Produkt eines Alptraums einer bestimmten Gesellschaft war, erforderte diese Theorie den Ausschluss, um das innerlich kohärente Gesetzesrecht zu produzieren. Wie von Giorgio Agamben in seinem Buch Homo Sacer gezeigt, muss der Staat die Idee des Barbaren an den Toren perpetuieren, um die Gewalt zu rechtfertigen, die er anwendet, um die Systeme von Zwang und Justiz zu verwalten.4 Aber wenn wir einmal zugeben, dass Menschen nie wirklich außerhalb der Gesellschaft existieren, beginnen wir zu erkennen, dass der Naturzustand in Wirklichkeit innerhalb der sozialen Organisation angelegt ist, die nur vorgibt, ihn auszuschließen. Und wenn wir aufhören, die menschliche Natur als der Gesellschaft vorausgehend zu verstehen, können wir sehen, wie verschiedene Typen von sozialen Organisationsformen verschiedene Menschentypen generieren. Das liberale Vertrauen in die Vorstellung des menschlichen Subjekts als ein theologisches Konstrukt, das außerhalb des Soziopolitischen steht oder diesem vorangeht, wird systematisch in den Schriften von Karl Marx kritisiert. Echos dieser antihumanistischen Tradition lassen sich in den Werken von Hannah Arendt, Louis Althusser, Alain Badiou und den italienischen Autonomisten finden, und es ist eine Tradition, die heute mehr als je zuvor, von Bedeutung ist. Auf den Punkt von Kunst und immaterieller Arbeit zurückkommend, zeigen aktuelle Veränderungen in den Arbeitsstrukturen einen tiefen Widerspruch zwischen zwei sich widerstreitenden Gedanken des Humanismus, die beide eine wichtige Rolle im Bewahren der hegemonialen politischen und ökonomischen Ideologie spielen. Auf der einen Seite bilden die Argumente, die zuvor kurz dargestellt wurden, immer noch das ethische Plateau, von dem aus der Kapitalismus operiert: Belohnung für die individuelle Leistung ist die einzige Motivation für den kapitalistischen Arbeiter und dient als moralische Rechtfertigung für die immer größer werdende soziale Ungleichheit. Dieser Diskurs war deutlich sichtbar in der Antwort der Regierung auf die Unruhen des Sommers 2011 in Großbritannien, wo diese nur der privaten Sphäre des Individuums zugeschrieben wurden – als pathologische Tat von spezifischen Individuen, die außerhalb und gegen ihre Communities handelten. Auf der anderen Seite bedeutet die Bewegung von fordistischer zu postfordistischer Arbeit, dass das Individuum auch als Rohmaterial begriffen wird, das Wohlstand produziert. Genau die Dinge, die den Menschen ausmachen, wie Geselligkeit, Sprache, Kreativität, kognitive Fähigkeiten usw. werden als ökonomische Produkte begriffen, was Negri „society factory“ nennt.5 Und da der postfordistische Arbeiter keine Güter außerhalb des Selbst produziert, sondern lediglich sein Selbst verbessert oder darin investiert, indem er sich Fähigkeiten aneignet, Ideen erarbeitet, Netzwerke ausweitet und so weiter, besetzt das Individuum paradoxerweise zwei gegensätzliche Positionen: Auf der einen Seite der Mensch als der grundliegende Mythos des Liberalismus, außerhalb und unberührt von ökonomischen Kräften, und andererseits der Mensch als ein Produkt von immaterieller Arbeit, produziert, gehandelt, und verwaltet als reines ökonomisches Gut. Ältere Modelle von Kritikalitätsanalyse, basierend auf der dialektischen Beziehung von Arbeit und Leben, oder entfremdeter Arbeit und kreativer Freiheit, sind für diesen Zustand nicht länger adäquat. Aber die inneren Widersprüche der neoliberalen Ordnung sind das logische Ergebnis von gegensätzlichen Kräften, die auf ihre Subjekte einwirken, alle mit gleicher Aussagekraft und Überzeugung. Kritikalitätsanalyse muss sich durch diese Widersprüche durcharbeiten, nicht indem sie Distanz zu einer dieser Positionen aufbaut (indem sie für eine Art von Humanismus gegen entfremdete Arbeit oder für eine größere Integration von sozialen oder kreativen Handlungen in die Arbeit streitet), sondern indem sie den Platz nutzt, der durch paradoxe Forderungen nach Manövern entstanden ist. In den 1960ern behauptete Althusser, dass das Denken, über die dialektische Methode der Kritik hinaus, eine zentrale und dringende Aufgabe der Philosophie sei, und bis zu einem gewissen Grad ist das auch heute noch richtig mit dem Verschwinden der Dualität von Arbeit und Leben in Relation zum Humanismus, die wir vorher beschrieben haben.6 Um dies zu tun, versuchte Althusser die Marx‘schen Schriften von den humanistischen Traditionen zu bereinigen, die sich schon mit ihrer Veröffentlichung an marxistische Diskurse angehängt hatten. Anstatt die Inhumanität von Stalins Regime oder die Kulturrevolution zu verleugnen, wie ein großer Teil der Linken damals, bemühte sich Althusser zu zeigen, dass es der Humanismus selbst war, der den ethischen Grund für die andauernde Dominanz des Kapitalismus bildete. Wenn wir zu Marx selbst zurückgehen, finden wir in der Tat starke Unterstützung für Althussers Lesart des Kapitals als eine Basis für eine antihumanistische Kritik. Im Kapital behauptet Marx, dass der Mensch in der Arbeit seine Humanität findet.7 Für ihn werden Menschen nur durch die Technologie, die für die Arbeit benötigt wird, zu Menschen: Mensch sein ist keine Qualität, die der Verlängerung des Körpers durch die Technologie vorausgeht. Tatsächlich adoptiert Marx die anthropologische Definition des Menschen als ein ‚werkzeugmachendes Tier‘.8 Auch wenn die Humanität in der Arbeit begründet ist, unter den kapitalistischen Bedingungen der Produktion, produziert die Arbeit auch das genaue Gegenteil von diesem Werdungsprozess. Indem er seine Fähigkeit zur Arbeit abstrahiert, von sich selbst trennt und zur Ware macht, beginnt der Arbeiter seinen Aufstieg in das Reich der Dinge umzukehren. Der industrielle Arbeiter ist also bereits in einem Paradox gefangen: seine Humanität wird im selben Moment wie die Negation derselben produziert - er ist zur gleichen Zeit Subjekt und Objekt, Mensch und abstrakte Arbeitskraft. Diese Situation sorgt für gegensätzliche Interessen. Weil der Fabrikbesitzer will, dass der Arbeiter so lange wie möglich arbeitet, um Mehrwert zu produzieren, müssen die Arbeiter das Verlangen nach Freizeit außerhalb der Arbeit vergelten. Aber für Marx ist es an dieser Stelle äußerst wichtig, dass dieses Verlangen nicht Grundstein für einen anderen Diskurs in der kapitalistischen Logik des Tausches ist, dass er nicht als etwas von außen dargestellt werden sollte, sondern von innen geführt wird. Dem Argument des Kapitalisten können nicht moralische Gedanken oder „natürliche“ und „unveräußerliche“ Menschenrechte entgegengehalten werden. Der humanistische Appell an die angesehene und gemeinnützige Seite der bourgeoisen Kultur, ist nicht in der Lage, dem rationalen, wenngleich auch rücksichtslosen, Verlangen des Fabrikbesitzers etwas entgegenzuhalten, da dessen vampiristischer Charakter, wenn es um die Verwaltung des Kapitals geht, solche moralischen Konventionen irrelevant macht. Marx vertritt die Auffassung, dass es die schlechtmöglichste Position der Arbeiter wäre, wenn sie dem Fabrikbesitzer anzeigten, dass die Arbeitsbedingungen inhuman sind, oder um die Wiedereinführung selbstverständlicher menschlicher Rechte bäten. Wie er überzeugend zeigt, ist der Kapitalismus ein System, das die persönlichen Gewissensbisse des Individuums übersteigt. Ein Appell an die Freundlichkeit des Ausbeuters wäre aussichtslos. In anderen Worten: sogar der kapitalistische Eigentümer ist eine schrecklich nette Person (die, wie Marx spöttisch sagt, sogar Mitglied der RSPCA/Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals sein könnte). Die liberale Ethik des Kapitalismus wird angesichts der Logik seines wirtschaftlichen Systems als leer entlarvt. Weil Ungleichheit im Kapitalismus als natürlich dargestellt wird, ruft das Fragen nach einer Atempause lediglich eine milde Kritik hervor, die einfach mit der Präsenz von Wohltätigkeit abgewunken werden kann und zudem die bestehenden Machtstrukturen als „Wohltäter“ und „Wohltäterschaft“ rückversichert. Es ist so auch kein Wunder, dass die Rufe nach mehr freiwilligen Spenden den Abbau der Reste des Sozialstaates durch die Regierungskoalition begleiteten. Trotz der Tatsache, dass Marx die Schwäche der humanistischen Kritik aufzeigt, versucht ein großer Teil der marxistischen Theorie weiterhin in humanistischer Tradition, die menschliche Natur, die verloren wurde oder durch die entfremdete Arbeit beeinträchtigt wurde, wiederherzustellen. Die Frage einer effektiven Kritik gegen das Regime der kapitalistischen Arbeit ist mit dem Übergang zum Post-Fordismus noch dringender geworden und wurde von den Autoren der italienischen Arbeiterautonomiebewegung in den letzten Jahrzehnten aufgenommen. Aufkommend im Italien der Sechziger, sahen die Autonomisten Entfremdung als die Basis für ein vom Kapital unabhängiges Kollektiv an. Nicht allein zu sein, aber sich distanziert von der eigenen Arbeit im Kapitalismus fühlend, das würde die Basis zur Arbeitsverweigerung sein. Entfremdung war folglich der Ausgangspunkt des Kampfes, der es ihnen erlauben würde das Proletariat neu zu definieren, in Begrifflichkeiten, die besser zum Spätkapitalismus passen: „Compositionism“ [wie Bifo die italienische Arbeiterbewegung bevorzugt nennt, wenn es um die Zusammensetzung von Klassen geht], (…) antizipiert keine Restauration der Menschheit, verkündet keine menschliche Universalität und gründet sein Verständnis von Humanität auf dem Klassenkonflikt. „Compositionism“ dreht den Punkt in der Frage der Entfremdung um. Dank der radikalen Inhumanität der Existenz von Arbeitern ist es erst möglich, dass eine humane Kollektivität gebildet werden kann, eine Gemeinschaft, die nicht länger vom Kapital abhängig ist.9 Die Autonomen wollten nicht einen inhumanen Kapitalismus mit einer Humanität messen, die wir wiedererlangen, wenn wir das System bekämpfen, sondern vielmehr die unterdrückende Form des menschlichen Lebens, die der Kapitalismus ist, als Grund für diesen Kampf ansehen. Erst kürzlich hat Michel Feher versucht, zu zeigen, wie diese Logik auf den Kampf gegen die Ausbeutung von kreativer oder affektiver Arbeit im postfordistischen Arbeitsmarkt angewandt werden kann. In seinem Aufsatz Self-Appreciation; or, The Aspirations of Human Capital beschreibt er wie der Neoliberalismus das Selbst in ein niemals endendes Produkt immaterieller Arbeit verwandelt.10 Durch das von Deleuze in seinem Postscript on the Societies of Control beschriebene ständige Training muss der Arbeiter beständig Fähigkeiten entwickeln, die den Wert des Humankapitals in seinem oder ihrem Körper steigern.11 Anstatt den freien Arbeiter mit einer Ware zu ersetzen, produziert der Gedanke des Humankapitals in Wirklichkeit eine neoliberale Subjektivität, die auf Unternehmerschaft gebaut ist. Anders als die Geschäftsinhaber besitzen diese Unternehmer aber nicht ihr Unternehmen. Als Investoren in ihr eigenes Humankapital, besitzen neoliberale Subjekte ihre Arbeitskraft nicht auf die Art, wie es der freie Arbeiter tat. Sie können sie niemals weiterverkaufen, nur ihren Wert durch Handlungen wahrnehmen oder nicht wahrnehmen. Feher schlägt vor, dass für die heutige Linke der einzige Weg nach vorne darin besteht, die neoliberale Bedingung des Humankapitals anzuerkennen, wie es frühere Verkörperungen der Linken mit der Beschaffung des freien Arbeiters getan haben. Anstatt die Stelle des Personals in der Politik zu verurteilen, und nochmals die humanistische Kritik an der Idee, dass manche Dinge nicht kommerzialisiert werden sollten, abzulehnen, schlägt er vor, wir sollten annehmen, wir alle wären Investoren in unser Humankapital und konzentrierten uns auf „die Bedingungen unter denen wir uns selbst schätzen.“12 Wir könnten die Anforderungen des postfordistischen Arbeiters noch weiter fortführen. Auf der einen Seite wird jetzt vom Arbeiter erwartet, in seine Konstruktion von seiner oder ihrer Subjektivität zu investieren. Wie wir auf der anderen Seite gesehen haben, beruht diese Subjektivität auf gegebener genetischer Erbschaft und sozialen Bedingungen. Wenn wir diese Aussage akzeptieren, entziehen wir jeglicher Art von Gedanken zur leistungsorientierten Entlohnung den Boden: man kann nur insoweit in sich selbst investieren, wie Umstände, die jenseits des Selbst liegen, diese Investition möglich gemacht haben, auf der Basis des zuerst vorhandenen (Human-) Kapitals. Der Postfordismus beinhaltet ein starkes Paradox, das die Konsistenz der neoliberalen Argumentation schwächt. In Althussers Worten ist es ein Zustand, in dem die ökonomische Basis der Produktion, also die Produktion und Akkumulation von Wert, direkt aus dem Humankapital, in direktem Widerspruch zu den ideologischen Ansprüchen steht, die sie unterstützen. Subjektivierung hat eine doppelte und gegensätzliche Funktion im Postfordismus. Zunächst ist sie ein Produkt der Arbeit, die wie jede andere Ware instabil ist: ihr Wert muss konstant aufrechterhalten werden durch die ökonomischen Funktionen von Tausch und Investition und gegen andere produktive Subjektivierungen abgewogen werden. Aber wenn der Prozess des Werdens eine Ware ist, die von Arbeitern produziert wird, und der kapitalistischen Spekulation und Zirkulation ausgesetzt ist, dann kann sie nicht von immanentem und dauerhaftem Wert sein. Und weil die Individualsphäre nicht außerhalb der präzisen sozialen und ökonomischen Bedingungen des Postfordismus steht, gibt es keine Basis für eine differenzierte Valorisierung dieser Subjektivierung. Mit anderen Worten, Ungleichheit kann nicht länger als ein natürlicher menschlicher Zustand angesehen werden, sondern als ein direktes Produkt eines bestimmten ökonomischen Systems. Wenn also die Kunst, insbesondere die vereinfachte entmaterialisierte Kunst, die meist mit kritisch engagierten Praktiken in Verbindung gebracht wird, in die „social factory“ der postfordistischen Arbeit gesteckt wird, wie können dann Künstler Werke produzieren, die mit diesen Dingen kritisch umgehen? Viele Künstler verlassen sich immer noch auf zwei unbefriedigende und ineffektive Strategien der Kritik, die man grob in eine Kategorie der humanistischen Kritik und in eine ironische Kritik einteilen könnte. Die erste hält daran fest, eine Spannung zwischen Arbeit und anderen sozialen, linguistischen und kreativen Tätigkeiten als kritischen Raum festzuhalten. Cao Feis Film Whose Utopia (2006), der in einer Fabrik in der chinesischen Industrieregion des Pearl River Deltas gefilmt wurde, bedient sich dieser Strategie. Die Presseerklärung, die der Ausstellung des Films beim Australian Institute of Modern Art beigefügt war, erklärte, „dass in erster Linie junge Fabrikarbeiter aus dem ganzen Land kommen, wobei sie mit der Hoffnung auf Chancen gelockt wurden. Whose Utopia kontrastiert die harsche Wirklichkeit der repetitiven manuellen Arbeit mit den poetischen Momenten, die sie sich vorstellen und als Tänzer und Musiker darstellen“.13 Diese poetische Behandlung der kreativen Wünsche der Arbeiter vor dem Hintergrund des industriellen Settings schafft es nicht, das Problem der immateriellen Arbeit anzusprechen. Für viele Teile des westlichen Kunstpublikums erscheint die repetitive und entfremdete Arbeit in der Fabrik als ein Bild vergangener Zeiten, während Tanz und Musik als rentable ökonomische Tätigkeiten im Herzen der kreativen Industrien angesehen würden, und sicherlich nicht als eine utopische Realisierung der persönlichen Freiheit. Wie es Keti Chukhrov ausgedrückt hat: „Im sozialen Raum von entwickelten Ländern ist die körperliche Arbeit unsichtbar; und wenn sie sichtbar wird, wird sie als etwas angesehen, das zwischen dem Exotischen und dem Obszönen liegt.“14 Die andere ineffektive kritische Position, die viele Künstler heute einnehmen, ist die Ironie, gerichtet auf die Unfähigkeit der Kunst gerichtet, eine Sprache und Institutionen zu schaffen, die sich den hegemonialen, sozialen und ökonomischen Kräften entzieht. Viele Werke des Künstlerduos Elmgreen & Dragset fallen unter diese Kategorie, und ein gutes Beispiel ist ihre letzte Ausstellung beim ZKM Museum für Neue Kunst in Deutschland, mit dem Titel Celebrity- The One & The Many. Eine der Installationen der Ausstellung besteht aus „einer fiktiven Halle, in der gerade eine VIP-Party stattfindet“. Die Besucher des Museums können nicht an der Party teilnehmen, sondern können sich die entwickelnden Ereignisse nur durch „die Silhouette der geschlossenen Türen, die auf die Glasscheibe geworfen wird“, vorstellen. Abgeschottet von der exklusiven Gesellschaftsparty, die in der Installation porträtiert wird, können die Besucher nur den Lärm der exzessiven Party hören. Elmgreen & Dragnets Installation ist eine direkte Darstellung der Ausschlüsse, die in der Kunstwelt stattfinden, und präsentiert die demokratischen Bestrebungen der Kunst als zutiefst unauthentisch. Zudem teilt die VIP–Party, der Inbegriff von postfordistischen Aktivitäten, bei der von einer Minderheit Macht erhalten und geteilt wird, durch eine Struktur von Freizeit als Arbeit, die Ausstellung in zwei Räume: einen, in dem die immateriellen Werke durch Sozialisation produziert werden, und einen, in dem dieser Raum scheinbar kritisch seziert wird. Die Position, die das Kunstwerk hier selbst einnimmt, ist ähnlich wie die Sphäre der Massenmedien, die den Glamour und den Ausschluss der Welt der Reichen für die Massen übertragen und reproduzieren. Auch dieses zutiefst ironische Werk schafft es aus zwei Gründen nicht, die Schwierigkeiten, die wir beschrieben haben, zu überwinden. Zuerst hält es an der Idee fest, dass es ein Außerhalb zur Welt des Spektakels gibt, wo kritische oder intellektuelle Arbeit durch einen Akt des Schauens produziert werden kann (während in Wirklichkeit das Museum selbst eine Zone des Ausschlusses ist, hervorgerufen durch den Diskurs von Kritikalität, geteilt von einer sozialen Elite). Darüber hinaus wird Kunst hier nur negativ als eine Kraft präsentiert, die an dem Ausschlussmechanismus teilhat, aber keine gleich starke kritische Kraft außerhalb dieser engen Parameter erschaffen kann. Im Gegensatz dazu beginnen wir in der Arbeit des Museum of American Art Berlin (MoAA) eine Kunststrategie zu erkennen, die weder naiv auf das modernistische Arbeit-Kunst-Gespann zurückfällt, noch eine ironische und ultimativ schwache Kritik der eigenen Unfähigkeit ist, Alternativen zur kapitalistischen Arbeit zu produzieren. Anstatt neue Subjektivierungen für die Reinvestierung in menschliches Kapital zu produzieren, oder neue Ironieformen von der Unmöglichkeit, so etwas nicht zu tun, behandelt das MoAA die Geschichte der modernen Kunst nicht als ein offenes Projekt, zu dem neue Formen hinzugefügt werden können, sondern als eine abgeschlossene Geschichte, die reif ist für eine institutionelle Neuausrichtung. Die komplexen und verschiedenen Aktivitäten des MoAA drehen sich seit drei Dekaden um die Rekreation und Repräsentationen von historischen Ausstellungen im Kanon der modernen Kunst. Obwohl das Museum von seinen Residenzen in New York und Berlin (und zuvor Belgrad) aus operiert, wurden seine wiederbelebten Ausstellungen in Biennalen und anderen Kunstinstitutionen gezeigt. Bei der Biennale in Venedig 2005 beispielsweise präsentierte das MoAA eine Ausstellung, die der kuratorischen Auswahl für den amerikanischen Pavillon in Venedig im Jahre 1964 gewidmet war, in dem bekanntlich Europa endlich die Dynamik der zeitgenössischen amerikanischen Kunst anerkannte, indem es den Hauptpreis dem damals noch relativ unbekannten Robert Rauschenberg gab. Die Ausstellung 2005 enthielt nicht nur Reproduktionen einiger der Kunstwerke, die im amerikanischen Pavillon in den Sechzigern präsentiert worden waren, sondern auch ein verkleinertes Modell des Pavillons (und der Arbeiten darin) und verschiedene kurzlebige Materialien, die mit der ursprünglichen Ausstellung etwas zu tun hatten – Presseberichterstattung und Seiten aus dem Katalog – die auch in die Gemälde übertragen wurden und an der Wand hingen. Die Ausstellung selbst war in zwei Teile aufgeteilt, die nach den legendären Kuratoren Dorothy Miller und Alan R. Solomon, die die Originalausstellung in Auftrag gegeben hatten, benannt waren. Obwohl sich viele zeitgenössische Künstler mit Fragen des Kopierens und der Echtheit beschäftigen (zum Beispiel Sherrie Levine mit ihrer Neufassung von Duchamps Urinal in Bronze „Fountain (after Marcel Duchamp)“, 1991), geht das MoAA über die Problematisierung der künstlerischen Autorenschaft hinaus. Wo andere Nachahmer diese Strategie genutzt haben, um zu zeigen, dass der Akt der Wiederholung selbst original und urheberisch sein kann, bringt die Arbeit des MoAA die dialektische Balance, die das gegenwärtige Denken über kritische Kunst beherrscht, durcheinander. Der Platz des Urhebers und damit künstlerische Einsicht, Echtheit, ein einzigartiger Stil oder Sprache etc., wird einer antihumanistischen, historischen Erzählung geopfert. Die Unterschiede zwischen den Originalwerken werden durch den monotonen und flachen Malstil der Rekreationen verwischt, die genauso behandelt werden wie der kurzlebige Pfad im Blätterwald, den die Ausstellung in der Geschichte lange nach dem Ereignis hinterlassen hat. Nach den Titeln der Venedig Show fand diese nicht 1964 oder noch nicht einmal 2005 statt, sondern 2064. Dieser fiktionale, aus der Zukunft stammende Gesichtspunkt wird als weitere kritische Waffe gegen humanistische Gedanken der Kunstproduktion genutzt. Im Jahre 2064 werden die Lebensgeschichten, Gedanken und Stile der echten amerikanischen Künstler (Rauschenberg, Johns, Noland und Louis) in den Hintergrund getreten und ihr Werk in die sozialen Events eingefügt sein, die die Ausstellung und ihre kritische Rezeption begleitet haben: Das Kunstobjekt wird selbst zur Geschichte der Kunst. Die materiellen Mechanismen der Produktion von Bedeutung innerhalb der Kunst – die Gemälde und die Galeriestruktur – und ihre immateriellen Zwillinge – die Gala-events, die Presseerklärungen, die Aufsätze in den Katalogen – werden mit dem gleichen Desinteresse behandelt. Das fiktionale Bündel, das der Autor ist, wird zu einem reinen Andeutungspunkt, einer Repräsentation einer Idee in der größeren Kunstgeschichte, in die es eingebettet wird. Mit anderen Worten, das menschliche Individuum ist hier nicht der Grundstein der Gesellschaft, sondern wird nur aus der Retrospektive produziert, und nur von den Kräften der Geschichte als scheinbar klein belassen. Die historische Erzählung über den amerikanischen Wirtschaftsboom nach dem Krieg, vom Wechsel der kulturellen Hegemonie, vom Kalten Krieg, ist jetzt schon passé, aber das MoAA erinnert uns daran, weniger nach essentiellen Wahrheiten oder einer irreduziblen menschlichen Qualität beim Künstler zu suchen, sondern, dass es soziale Kräfte sind, durch die Geschichte geformt und weit größer als jedes Individuum, die der Kreation Platz und Bedeutung geben. Wenn es hier eine Form von Ironie gibt, ist es die Ironie der Geschichte, die die Intention dem Individuum entreißt und ungeachtet ihres Urhebers Bedeutung schafft. Wir wissen nicht, ob ein oder zwei Personen für das, was das MoAA hervorbringt, verantwortlich sind, aber die kritische Aussage im Kern des Projekts suggeriert, dass auf jeden Fall niemals nur eine Person hinter irgendeinem Kunstprojekt steht. Der Sprecher des Museums kommentiert Kunst heute im Geiste Walter Benjamins, in einem Zeitalter, welches nach der mechanischen Reproduktion kommt, vielleicht das Zeitalter der übernatürlichen Reproduktion, der endlosen Verbreitung von Ideen. In einem Interview sagt er: „Für mich ist es jetzt klar, dass die ganze Kunst-Domäne eine Sache der Vergangenheit ist und nur durch Trägheit weiter bestehen bleiben wird, auf die Art, wie die Religion nach der Aufklärung weiterbestand.“15 Wenn wir die Aufforderung dieses neuen Benjamin beherzigen, Kunst in seiner Modernität als eine bestimmte historische Konfiguration zu betrachten, können wir möglicherweise damit beginnen, alternative Modelle für Kreativität und letztendlich für die menschliche Natur zu entwickeln, die über die kompetitive Valorisierung des Neuen hinausgehen.
Aus dem Englischen von Claudia Winter.
1 Cameron, David, Supporting Parents, URL, Abruf am 12.8.11. 2 Friedman, Milton, Capitalism and Freedom, Chicago, IL: Univeristy of Chicago Press, 1962, S. 166. 3 Bourdieu, Pierre, Distinction: A Social Critique of the Judgement of Taste (Richard Nice- tr.), Cambridge, MA: Harvard University Press, 1987. 4 Agamben, Giorgio, Homo Sacer: Sovereign Power and Bare Life, California: Stanford University Press, 1995. 5 Negri, Antonio, The Politics of Subversion: A Manifesto for the Twentieth-First Century (James Newall – tr.), Cambridge. Polity, 1989. 6 Althusser, Louis, Contradiction and Overdetermination, 1962, URL 7 Marx, Karl, Capital: An Abridged Edition, New York: Oxford World Classics, Teil 1, S. 115. 10 Feher, Michel, Self-Aprreciation; or, The Aspirations of Human Capital, in Public Culture, Durham, NC: Duke University Press, Teil 21, Nummer 1, Ausgabe 57, Winter 2009. 11 Deleuze, Gilles, Postscript on the Societies of Control, October, Cambridge, MA: MIT PRESS, Ausgabe 59, Winter, 1992, S. 3-7. 13 URL: http://www.ima.org.au/pages/.exhibits/utopia150.php?short=1 14 Chukrov, Keti, Towards the Space oft he General: On Labor beyond Materiality and Immateriality, in: e-flux journal: Are You Working Too Much? Post-Fordism, Precarity, and the Labor of Art (Aranda, Julieta, Kuan Wood, Brian and Vidokle, Anton –eds.), Berlin: Sternberg Press, 2011, S. 104. 15 Kopsa, Maxine, The Museum is History: Museum of American Art at the Van Abbe Museum, Metropolis M, 28 May 2010, URL: http://metropolism.com/features/the-museum-is-history/english, Abruf 16.8.2011.
15.04.2013 16:58
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