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MEHR ALS AUTONOMIE – WENIGER ALS UNABHÄNGIGKEIT PRIVATISIERUNGSWIRTSCHAFT  (AUS DER NACHBARPERSPEKTIVE)
Zeitschrift Umělec
Jahrgang 2007, 1
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MEHR ALS AUTONOMIE – WENIGER ALS UNABHÄNGIGKEIT PRIVATISIERUNGSWIRTSCHAFT (AUS DER NACHBARPERSPEKTIVE)

Zeitschrift Umělec 2007/1

01.01.2007

Marko Stamenkovic | theorie | en cs de

Jeder Versuch, eine mögliche Interpretation zeitgenössischer Kunstpraxis zu geben, setzt einen gewissen Hintergrund voraus, vor dem diese Praxis in Erscheinung tritt. Im heutigen Kontext der Globalisierung ist es genau der transnationale Aspekt der kulturellen Produktion, bestimmt durch solide theoretische und politische Rahmenbedingungen, der eine neue diskursive Matrix für die Artikulation von Bedeutung und Werten in der gegenwärtigen Welt der Kunst eröffnet. Es gibt unter diesen Bedingungen zwei exakte theoretische und politische Konzepte – der globale Kapitalismus einerseits und die post-sozialistische (osteuropäische) Transformation andererseits – die hier als Werkzeuge der Interpretation genutzt werden. Was das Thema selbst betrifft, werden die Institution Kunst sowie die Dialektik zwischen öffentlichem und privatem Eigentum, und somit auch das Problem des Besitzes, als paradigmatische Phänomene innerhalb des Wertesystems der Welt der Kunst behandelt.
Im Zusammenhang mit globalen Kunstmärkten identifiziert der Medientheoretiker und Professor Boris Groys einen fundamentalen Unterschied zwischen dem Künstler des Ostens und dem typischen westlichen Künstler. Hierbei benutzt Groys zwei konkurrierende, Wert erzeugende Medien und erklärt, dass die Bedeutung von Kunstwerken in der westlichen Welt von außen herangetragen wird, nämlich von demjenigen, der diese Dinge kauft. Ihr Wert wird vom Geld (dem Markt) bestimmt und ist letztlich von der Absicht des Käufers abhängig – die Arbeiten haben eine Bedeutung, die jedoch nur von dem, der sie kauft, erkannt wird.
Es ist eine völlig neutralisierte Bedeutung – das Ergebnis extremer Atomisierung sowie von Individualismus und Selbst-Kommodifizierung, im Sinne einer Kommodifizierung der Persönlichkeit des sich als Ware präsentierenden Künstlers. Westliche Künstler befinden sich in der Tat in einer sehr rutschigen und offenen Situation, die vom Markt angetrieben wird und in der jede Herangehensweise als legitim angesehen ist. Sie versuchen jeder Möglichkeit, ideologisch identifiziert zu werden, aus dem Weg zu gehen, weil Menschen, so Groys, sich einfach nicht ideologisch definieren lassen wollen, besonders wenn sie sich mit einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Erwartungen arrangieren können und von anderen, die vielleicht nicht ihre Einstellungen teilen, gekauft werden. Im Osten wird Wert hingegen durch Sprache (Ideologie) erzeugt, was die Bedeutung von Kunstwerken von den Herstellungsprozessen im Inneren abhängig macht. Bedeutung wird im Osten von einem bestimmten Werterzeuger, nämlich den ideologischen Mechanismen der Werterzeugung, festgelegt. Die Künstler des Ostens verfolgen eine Strategie, die das genaue Gegenstück zu der ihrer westlichen Kollegen darstellt – eine Strategie, die den Diskurs als Wert zu organisieren versucht. Die Situation im Osten ist seit langem von einer starken Werteordnung bestimmt; und egal wie tief der Kapitalismus ins Herzen Osteuropas vorgedrungen ist, gewährt diese Situation noch immer die Möglichkeit, beide Arten von Werterzeugung zu verbinden – die Möglichkeit eines Zusammenspiels der Produktion von diskursivem Wert und der Kommerzialisierung in beide Richtungen. Das östliche System, das fast ausschließlich ein System der Produktion von diskursivem Wert war, ist in der Lage, wie eine Maschine zu funktionieren, die die Produktion von diskursivem Wert in die Produktion von Marktwert, und umgekehrt, umwandelt.2
Das Zeitalter des globalen Kapitalismus – sowie die Art, in der man heute seine Implikationen im Bereich Kunst und Kultur erlebt – zwingt allen teilnehmenden Protagonisten eine entscheidende Frage auf. Die Frage, um die es geht, ist folgende: Welches Modell der privaten Kunstförderung sollten die europäischen Staaten nach dem Wechsel von staatlich gelenkter zu marktorientierter Wirtschaft favorisieren? Oder genauer gesagt: Arbeiten wir erst einmal innerhalb der neuen, wirtschaftlichen Umgebung, die sich vorwiegend um die Vorstellung von Unternehmensinvestitionen herum aufbaut, WER soll dann die Rechte für die gegenwärtige, kulturelle Entwicklung beanspruchen und Verantwortung für den Kunstbereich übernehmen? Da der Prozess des Einflusses der Geschäftswelt auf den Kunst- und Kulturbereich uns direkt betrifft, wird von uns erwartet, diesen Prozess zu analysieren und klar Stellung zu beziehen. Die Bedingungen für die Produktion und Verbreitung kreativer und kritischer Ideen in diesem Zusammenhang erfordern eine Vorgehensweise, die sich radikal von früheren unterscheidet. Dieser neue Ansatz meint heute visuelle und ästhetische Praktiken mit sozialem Verantwortungsbewusstsein; und außerdem ein aus den neuen Bedingungen entstehendes Wertesystem.
Wenn man von Wandel spricht, ist sicherlich einer der offensichtlichsten Aspekte des Reformprogramms einer Volkswirtschaft, die von Planwirtschaft in den freien Markt wechselt, der Prozess der Privatisierung. Privatisierung ist der Prozess des Transfers von öffentlichem Eigentum in Privateigentum. Ebenso ist es der Prozess, der die Organisation einer Dienstleistung oder Aktivität aus den Händen der Regierung nimmt und sie an den privaten Sektor übergibt.3 Dies war nach dem Fall der totalitären Regime in Osteuropa in allen Transformationsgesellschaften zu beobachten. Wie überall führte die Privatisierung in ganz Osteuropa zum Aufbau eines Finanzsektors und zum Wechsel von öffentlichem zu privatem Besitz von Ressourcen. Diese Veränderungen haben neue Besitzverhältnisse geschaffen, die wiederum neue Arten des Überlebenskampfes hervorgebracht und neue Methoden des kollektiven Handelns sichtbar gemacht haben. Wie einige Theoretiker behaupten: „wir sehen heute Kunstprojekte, Ausstellungen etc, die mehrere Besitzer haben und somit neue Besitzverhältnisse begründen. Diese sind eine Art Schutz der kapitalistischen Eigentumsrechte, was den wachsenden Privatbesitz diverser öffentlicher Projekte und Ausstellungen fördert. (…) Die Fähigkeit, das neo-liberale, kapitalistische System zu ändern, beruht deshalb darauf, neue kulturelle und soziale Infrastrukturen sowie selbständige und selbst organisierte Mikrosysteme und politisches Denken aufzubauen.”4 Um ein Konzept für diesen faszinierenden Zusammenhang zu entwickeln, konzentriert sich die slowenische Theoretikerin Marina Grzinic in ihrer Analyse und ihrer Kritik nicht auf die Institution des Museums als solche, sondern auf die Institution Kunst als etwas, das im öffentlichen Museum repräsentiert und verkörpert wird, und darüber hinaus als eine Institution hierarchischer Beziehungen, geschichteter Macht und Dynamik, d.h. eine Institution, die von politischen und finanziellen Machtverhältnissen geprägt wird, die der neuen Situation einer globalisierten Welt entsprechen.5
Der traumatischste Bezugspunkt, den man in solch einer Konstellation finden kann, ist daher ohne Zweifel das Kunstsystem und seine jeweilige institutionelle Hierarchie. Gerade durch die Institution Kunst und ihre Machtmechanismen artikulieren die Künstler von heute ihre Positionen innerhalb der kapitalistischen Maschine. Dies ist einer der Gründe dafür, dass die gegenwärtigen Diskurse zu Kunst und Kultur gezwungenermaßen im Bereich der institutionellen Kritik landen. Diese Kritik hat jedoch wenig mit den Widerstandsmodellen der 60er Jahre zu tun. Es ist eher der Prozess der Über-Identifizierung, der bestimmt, wie diese neue Kritik funktioniert. Er schlägt nämlich verschiedene Arten der Kooperation und Partnerschaft mit den institutionellen Machtzentren vor, und setzt neue Formen des zivilen Engagements innerhalb der existierenden Strukturen der institutionellen Hierarchien in die Praxis um. Es ist so etwas wie eine chamäleonartige, kollaborative Struktur, die Vorteile für beide Seiten bringen könnte, und zwar ohne dabei das Publikum auszugrenzen (den dritten, wichtigen Mitspieler in diesem Machtspiel).
Boris Groys bezeichnet die Möglichkeit einer solchen Interaktion (oder wenigstens die Möglichkeit, die Produktion von Diskurswert in die Produktion von Marktwert umzuwandeln, und umgekehrt) als Kollektivismus (Gruppenaktivität). Doch welche Art von Kollektivismus findet statt in dem Moment, in dem sich die Idee des Kapitalismus in die institutionellen Zonen der Kunst eingemischt hat? Oder präziser formuliert, welche soziale Form der Organisation dominiert in Bezug auf das soziale und kulturelle Konsumverhalten, das den Markt als Ort sozialer und kultureller Ereignisse versteht, der von sozialen Kampagnen, Marketing und gesellschaftlichem Firmenengagement bestimmt wird? Was passiert, wenn das frühere Modell der Kulturindustrien in staatlicher Hand nicht mehr ausreichend oder effizient genug ist, und daher durch ein anderes Modell ersetzt wird, in dem Kunst und Kultur nicht mehr „Besitz“ des Staates sind, sondern von den wirtschaftlichen und legislativen Funktionen der Regierung, wie auch regierungsübergreifend, reguliert und bezuschusst werden? Dies sind natürlich Zeichen der bedeutsamen Veränderungen, die in den meisten der ehemals kommunistischen Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas nach dem Fall der vorherigen Regime stattgefunden haben. Sie stellen wichtige Tatsachen dar, die mit den allgemeinen Prozessen der Demokratisierung durch Initiativen der Regionalisierung und Dezentralisierung in jedem einzelnen dieser Länder zusammenfallen. Die Frage der Hauptfaktoren, die auf das Finanzmodell in Südosteuropa Einfluss nehmen, und vor allem auf die Position von Kunst und Kultur innerhalb dieses Modells, gehört zu den wichtigsten Fragen des Überlebens und der Zukunft der zeitgenössischen Kulturpraxis in der Region. Jetzt, da die Ausgaben des staatlichen Budgets im Kunstbereich klar von einer Abnahme der direkten, staatlichen Beteiligung an Kunst und Kultur bei einer gleichzeitigen Zunahme der indirekten Unterstützung durch eine Vielzahl von legislativen und anderen Instrumenten geprägt sind,6 wie sollen sich unter den gegebenen Bedingungen die vielen Institutionen, Gruppen und Individuen, in effiziente, kulturelle Protagonisten verwandeln?
Diese neue Form des „Kollektiven“ resultiert daher aus den Vorgaben, die einerseits die Existenz, Entwicklung und Programmierung kultureller Institutionen im allgemeinen bestimmen und andererseits die Art und Weise beeinflussen, in der die zeitgenössische Kunst in den Machtstrukturen verstanden wird. Sie fordert auch eine adäquatere Behandlung von zeitgenössischen Kunstinitiativen, die das schwammige Verhältnis zwischen sozialen und wirtschaftlichen Mechanismen, die Teil der kulturellen Entscheidungsprozesse sind, in Frage stellen. Dies ist besonders wichtig hinsichtlich der erfolgreichen Partnerschaften und der neuen Arten der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Institutionen und dem Privatsektor, und/oder zwischen den öffentlichen Kulturinstitutionen, den Interessen des privaten Kapitals, und der Initiative des gesellschaftlichen Sektors im Kunstbereich. Es ist notwendig, veränderte Einstellungen zur Organisation dieser verflochtenen Strukturen zu schaffen, vor allem aufgrund der regulären und legislativen Änderungen, die eingeführt und umgesetzt werden müssen, um solche Synergien vollständig verstehen und unterstützen zu können. Wie sollen wir da erst für unsere Unabhängigkeit kämpfen, ohne dabei unsere Autonomie zu verlieren? Welche Alternative zum Eingriff der Regierung in den Kunst- und Kultursektor lässt sich heutzutage überhaupt vorbringen? Wie können diese unterschiedlichen, durch einen einzigen Bezugspunkt (nämlich Privatisierung) vereinten Prozesse, die traditionelle Rolle des Staates, der Künstler, der Kulturinstitutionen und der heute vorherrschenden Konzerne in Hinsicht auf soziale Verantwortung innerhalb des Marktes und eines sich verändernden, wirtschaftlichen Umfelds beeinflussen?

* * *

Die treibende Idee hinter dem kulturellen Wirken des Künstlerpaares Simona Denicolai und Ivo Provoost (wohnhaft in Brüssel, Belgien) ist von genau dieser Sorte: Sie basiert auf der Idee der Integration, eine Art Synergie, die möglich gemacht wird durch verschiedene Vorgehensweisen INNERHALB des globalen Kunstsystems, so wie man es heute zu verstehen hat. Die beiden verfolgen die Strategie der Mikro-Kolonisation, indem sie den Kontext der Kunstherstellung und, am offenkundigsten, den der Ausstellung als ein Werkzeug benutzen, um in den Bereichen, die sonst strikt öffentlichen Zwecken vorbehalten sind, die Rolle des kulturellen Investors zu spielen. An solchen Orten, zum Beispiel Museen und ihren Umgebungen – also an Orte, die den Regionalverwaltungen gehören – oder einfach an öffentlichen Plätzen, denen überhaupt kein kultureller Wert zugesprochen wird, werden Investitionen als ein symbolischer Akt der Produktion von sozialen und kulturellen Werten angesehen. Die Mikro-Kolonisation soll hier als pseudo-militärische Absicht, öffentlichen Raum zur Verwirklichung eines Kunstkonzeptes zeitweise zu besetzen, verstanden werden. Die Dauer dieser Besetzung wird von dem vorher festgelegten, zeitlichen Rahmen der Ausstellung begrenzt, und findet innerhalb solcher räumlicher Strukturen statt, die es der Ausstellung erlauben, öffentlich sichtbar zu sein.
Dies ist die Situation, die es einer nicht institutionalisierten Figur erlaubt, die politische Rolle eines Gouverneurs auf Zeit zu übernehmen und dadurch Zugang zum öffentlichen Raum zu gewinnen, in dem es dann möglich ist, bestimmte, auf das Kunstkonzept angewandte Regeln aufzustellen, auszustellen und verfügbar zu machen. Hier ist es, wo die Institutionalisierung stattfindet: allerdings die Institutionalisierung einer „anderen Art“. Eine zeitlich begrenzte Überführung von öffentlichen Gütern in Privateigentum ist in der Lage, die Risse und Lücken, die in regulierten Institutionen existieren, zu zeigen – sei es ein Museum, eine Galerie, eine Immobilie, oder ein Parlament. Dies ist genau die Art, in der der Kapitalismus heutzutage seine Funktion in den Gebieten ausübt, die immer noch vom Widerstand gegenüber der neuen Marktlogik „kontaminiert“ und von den Feldzügen der anti-kapitalistischen Bewegungen betroffen sind. Es lenkt die Aufmerksamkeit auf verschiedene, allmähliche Änderungen in der Wirtschaft (die im Westen schon lange institutionalisiert sind): vor allem auf diejenigen, die die Rechte von Individuen und Gruppen von Individuen betreffen, die als „juristische Personen“ (oder Kapitalgesellschaften) auftreten, um Kapitalgüter sowie Land, Arbeitskräfte und Geld auf dem freien Markt zu kaufen und zu verkaufen, wobei sie bei der Durchsetzung ihrer privaten Eigentumsrechte auf die Hilfe des Staates bauen.
Zur Schaffung einer selbst verwalteten, autonomen Künstlerresidenz innerhalb der öffentlichen Sphäre in der Nähe des existierenden Kunstzentrums von Pogues-les-Eaux (Frankreich), haben Denicolai und Provoost die Gründung einer Arbeitseinheit vorgeschlagen, die auf der Idee des Zusammenlebens basiert. Dies würde ein langfristiges Verhältnis zwischen den Künstlern selbst, die hier als Manager fungieren, und der Institution Kunst ermöglichen (die die regulierende Rolle eines juristischen Organs spielen würde). Solch ein Projekt, organisiert von den Künstlern und reguliert von der Institution, ist keinesfalls ein simples Eindringen in die öffentliche Kunst: es ist vielmehr die Einführung einer auf Vereinbarung basierten Logik in die Organisation einer öffentlichen Einrichtung; und zwar einer solchen Logik die am Ende strikte, administrative Regeln in Frage stellt, da diese zumeist von bürokratischen, präzisen und verbindlichen Urheberschaftsgesetzen vorgeschrieben werden.
Der langfristige, selbst organisierte Vorstoß von Denicolai and Provoost ist ein Versuch, die allgemeinen Regeln an den Prinzipien des Besitzes und der Vorstellung von Effizienz, die untrennbar mit der Logik des Marktes verbunden ist, neu zu ordnen. Anstatt ein öffentliches Kunstprojekt zu sein, ist es eher eine (nicht) private Initiative, die erfolgreich die existierenden Lücken in den öffentlichen, privaten und gesellschaftlichen Sektoren schließt: Indem sie nach den von den Hegemonialstrukturen aufgestellten Regeln spielen, greifen die Künstler diese nicht an, sondern bieten einen Schritt zum Dialog an. Sie sprechen eine mögliche Einladung an unterschiedlich positionierte, soziale Akteure aus (öffentliche und private, regierungsabhängige und –unabhängige, Kapitalgesellschaften und andere), am Prozess der Transformation teilzunehmen – dem Prozess, der letztendlich zu einer gemeinsamen Basis für Kommunikation, Ideenaustausch und ein kollektives Teilen von Wissen führt. Während die Künstler von der institutionellen Kontrolle über die Eigentumsrechte (d.h. die externe Sachlage, so wie sie von der örtlichen Verwaltung geführt wird) abhängig sind und gleichzeitig die Kontrolle über die Organisationsrechte innehaben (also die interne Sachlage), koordinieren sie ihre Aktivitäten im Rahmen der vorgegebenen Regelungen; sie mischen sich jedoch dadurch auch in das System ein und tragen qualitativ zu einem neuen Satz regulierender Parameter bei. Dieses Spiel nützt beiden Seiten: Es erlaubt ihnen, zwischen den existierenden Regeln zu spielen, und dabei von einem neuen, sozialen Zusammenhalt zu profitieren. Dieser stützt eine Art von wirtschaftlicher Aktivität, die zwischen dem individuellen und dem kollektiven Typ von Besitz und Entscheidungsgewalt hin und her schwankt, und immer noch die Möglichkeit für regulierte Teamarbeit offen hält.
Am Ende basiert jedes institutionelle Netzwerk (als eine abstrakte Form der administrativen Koordination beruflicher Beziehungen, Aufgaben und Verpflichtungen) auf den Prinzipien des menschlichen Networking, auf zwischenmenschlicher Kommunikation und Kooperation. Es ist letztlich die Frage von Humankapital und zwischenmenschlichen Beziehungen, die die Hauptressource zum Aufbau einer vernünftigen, beruflichen Gemeinschaft darstellt. Der Hauptorientierungspunkt für die Konzeptualisierung eines Diskurses, der von diesen Prinzipien abweicht, liegt in folgender Tatsache: kein theoretischer Standpunkt in Hinsicht auf den globalen Kapitalismus selbst kann wirklich dem Schicksal entgehen, verschlungen zu werden von seinem innewohnenden Material, seinem eigenen Inhalt – jeder Diskurs, der den globalen Kapitalismus angreift, ist bereits die Folge und das Produkt seines Hauptangriffsziels. Das heißt, dass jeder Diskurs, der aus dem Kapitalismus erwächst, eine Ausgeburt seiner eigenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Matrix ist (vor allem der im Zeitalter des „wilden, frühreifen“ Kapitalismus geborene Diskurs, so wie man ihn jetzt etwa in Serbien trifft). Die Position eines zeitgenössischen Künstlers ist daher unvermeidbarer Weise kapitalistisch. Was diese Position jedoch authentisch macht, liegt nicht an den allgemeinen Bedingungen, sondern eher an den Methoden und Strategien, die sich Künstler heutzutage zunutze machen, um ihren eigenen Bezugspunkt unter den gegebenen Bedingungen zu hinterfragen. Ihre künstlerische Installation im Museum könnte möglicherweise die Umverteilung und Dezentralisierung institutioneller Rechte fördern, und somit den öffentlichen Nutzen in den örtlichen Gemeinden ausweiten. Wenn die ultimative, kulturelle und politische Aufgabe zeitgenössischer Kunst in der gemeinschaftlichen, sozialen Verantwortung liegt, dann ist die RESIDENZ heute ein positives Beispiel für einen zukunftsfähigen, künstlerischen Eingriff in den schwindenden öffentlichen Raum.





1 Boris Groys, “The Other Gaze: Russian Unofficial Art’s View of the Soviet World”, in Postmodernism and the Postsocialist Condition. Politicized Art under Late Socialism, Erjavec, A. (Hsg.) California University Press, Berkeley 2003, S. 79.
2 “It’s like a Drug Experience”, Interview mit Boris Groys, in Kontakt. The Arts and Civil Society Program of Erste Bank Group in Central Europe, No. 3, September 2004, http://kontakt.erstebankgroup.net/magazines/issue3
3 Aus dem Internetlexikon Wikipedia: http://en.wikipedia.org/wiki/Privatization
4 Marina Grzinic, “The Ex-Yugoslav Condition, The Underground and the (Retro) Avant-Garde”, in KONTAKT... Works from the Collection of Erste Bank Group, exh. cat., MUMOK - Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, Wien 2006, S.48-55.
5 Marina Gržinić, “Does Contemporary Art Need Museums Anymore?”, in CIMAM - The International Committee of ICOM - The International Council of Museums of Modern Art Conference, Budapest, 2000. Siehe auch: Marina Gržinić, Situated Contemporary Art Practices. Art, Theory and Activism from (the East) of Europe, ZRC Publishing, Revolver - Archiv für aktuelle Kunst, Ljubljana - Frankfurt am Main 2004, S. 109-123.
6 Varbanova, Lidia. Financing cultural practices in South East Europe, a cultural policy paper commissioned by Policies for Culture, 2003. www.policiesforculture.org/ dld/PfC_LVarbanova_FinancingSEE.pdf




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