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Egonias" Prophezeiungen
Zeitschrift Umělec
Jahrgang 2008, 2
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Egonias" Prophezeiungen

Zeitschrift Umělec 2008/2

01.02.2008

Milan Kozelka | pessimismus.cz | en cs de es

(Unbekannten Tätern gewidmet)

Wenn meine Theorie nicht mit den Tatsachen übereinstimmt, dann umso schlimmer für die Tatsachen. (Hegel)

1.
In der Kleinseitner Weinstube “Zu den Malern” ist eine bunte Mischung von Leuten zusammengekommen.

“Mit der Kunst wird es in ein paar Jahren wohl so aussehen”, wendet sich Egon Bondy1 an die Mitglieder der Gruppe „Tvrdohlaví" (die Hartnäckigen) und weitere Teilnehmer des Treffens. „Nachdem die Staatsicherheit die Samtene Revolution gemacht hat, wird es eine kurze Zeit lang Raum geben für alle möglichen phantastischen Aktivitäten. Es tauchen eine Menge Galerien und Clubs auf, das Geld wird für alles reichen. Das dauert dann zwei, vielleicht drei Jahre. Ich glaube, nicht viel länger. Dann wird sich die regierende Politgarnitur bewusst, dass sie die Macht hat und sie auch raffiniert für ihre Zwecke ausnützen kann; sie fängt an, die Schrauben anzuziehen und den Sauerstoff zu verknappen. Das äußert sich in schnell steigenden Mieten und der allmählichen Liquidierung von Galerien und Rockclubs. Dann nehmen Komissionen für die Vergabe von Stipendien und Zuschüssen ihre Arbeit auf, um die Knete zu verteilen. Die Künstler selbst werden in diese Komissionnen berufen, denn den Bürokraten geht auf, dass Künstler schon seit jeher käufliche Nutten sind und für Geld sogar ihrer eigenen behinderten Mutter den Geldhahn zudrehen. So spielen sich die Vergabekomissare die Finanzen gleich selber zu, und auch ihre Kumpel und die Kumpel ihrer Kumpel werden nicht zu kurz kommen. Es werden solche Projekte durchgewinkt, die harmlos sind und nicht im Geringsten an der Regierungsclique kratzen…"
„Das glaube ich nicht. Dazu wird es nicht kommen", schiebt Ludvík Hlaváček2 mit ablehnender Geste den Zigarettenrauch beiseite. Die als Kellner verkleideten Staatssicherheitsoffiziere bringen die bestellten Getränke und Erdnüsse.
„Doch. Das betrifft die bildende Kunst genauso wie Literatur, Theater und Film", fährt Bondy fort. „In die Komissionen werden ambitionierte Stümper berufen, die sich den neuen Regeln, jeder neuen Regierung und den veränderlichen politischen Trends geschmeidig anpassen. Die Zahl der Zeitschriften wird sinken. Allmählich werden immer mehr individuelle Meinungen und Haltungen eliminiert und zensuriert, die dem Mainstream-Geschmack zuwiderlaufen. Die unabhängige Kunst wird vom Staat dotiert, die Eintrittspreise in die alternativen Klubs werden die teuersten sein. Wer sich anpasst, überlebt, wer nicht, beißt ins Gras. Erfolg in den Medien hat der problemfreie Durchschnitt. Die ‹Plastic People of the Universe› werden zu einer prominenten Präsidialband und treten im Spanischen Saal der Prager Burg, im Weißen Haus in Washington und auch im Nationaltheater auf. Ihr Repertoire wird ein fades Süppchen für bierliebende Pfadfinder. Sie werden ausgebrannt sein und nichts Neues mehr bringen. Bekannte und unbekannte Helden fordern Anerkennung und Ehren, einige erzwingen sie sogar. Es werden falsche Mythen und verzerrte Vorstellungen geschaffen. Die vorherige ideologische Lüge wird durch die nächste mediale Lüge ersetzt. Wenn man von jemandem sagen wird, er sei ein alternativer Künstler, so wird das gleichviel heißen, wie wenn man von ihm sagte, er sei ein völliger Dummkopf", schildert Bondy plastisch die Zukunft der Künste.
„So idiotisch wird es doch wohl nicht kommen…" lehnt sich Jiří David3 auf.
„Es wird noch schlimmer. Kunst wird auch in Banken, Versicherungen und den Sitzen internationaler Konzerne ausgestellt, die sich Sammlungen aufbauen und einen bestimmten Bruchteil der Werke für einen Pappenstiel ankaufen. Das schreiben sie dann von den Steuern ab. Gleichzeitig gibt es auch Ausstellungen im Parlament und im Senat und was weiß ich wo sonst noch. Debütierende Künstler sind in den Klauen von Managern und Kupplern, in anderen Worten von Zuhältern. Die korrumpieren sie systematisch, und so werden sie dann ohne Skrupel mit dem immer totalitäreren Regime an einem Strick ziehen. Harmloser und ästhetisch verbleichter Mist wird von feigen Kritikern positiv bewertet. Was kritisch, satirisch oder alarmierend ist, das wird kein Schwein interessieren. Die Kunst um der Kunst willen nimmt überhand, chiffrierte Rebusse für ehrgeige Experten und Ware für snobistische Geldsäcke. Junge Absolventen der Kunstschulen werden vorgezogen. Sie werden zum idealen Ziel des Gehirnwäsche-Drills, weil sie nicht über ein starkes historisches Gedächtnis verfügen und ihnen kritische Unterscheidungskraft fehlt. Man wird ihnen endlose Sagen über die Monstrosität des Kommunismus in den Schädel einhämmern, aber es wird niemand dasein, der sie auf die wachsende Bestialität der anderen Seite der Münze aufmerksam macht. Niemand wird den Mut haben zu sagen, dass hier der wirtschaftliche Faschismus um sich greift und ein mit ihm eng verbandeltes Regime, das an die südamerikanischen Marionetten aus den Sechzigern erinnert. Alle werden so tun, als ob nichts Grausames vor sich geht. Ein geschlossener Raum entsteht, mit mörderischen, wenn auch deutlich undefinierten Normen. Es wird die brutale Regel des „Eine Hand wäscht die andere" überwiegen. Künstler werden halb als Regenmacher, halb als Klinkenputzer unterwegs sein. Ein normaler Mensch betritt keine Galerie mehr", sagt Bondy und trinkt ein Glas Mineralwasser aus.
„Etwas wie legale Korruptionspädophilie, um es mal zu übertreiben", bemerkt John Bok4 spöttisch.
„Ja, genau das isses!" stimmt Bondy zu.
„Und was ist mit der Dichtung, Bondy?" erstarrt vor Furcht Magor Jirous5. Sein Gesicht brennt von der scharfen Kneipenluft.
„Die Poesie, lieber Freund, wird zum verpfuschten akademischen Freilichtmuseum des lyrisch-katholischen Gefasels und zu berechnender Scheiße. Problemfreie Gemütsmenschen werden freundlich winseln und allerlei Preise einheimsen. Die Poesie erliegt Schönheitsoperationen und verliert ihre ursprüngliche Frische und Kraft. Sie wird allmählich zur selbstbezogenen Domäne mährischer Nationalisten. Die Lyriker werden sich äußerlich Beamten und erfolgreichen Geschäftsleuten angleichen und mit der Zeit vielleicht auch an Firmenfesten zwitschern. Die lyrische Branche wird durch eine desaströse Überproduktion entwertet. Die wichtigsten Leute aus dem Underground satteln von fettigen Stößen Durschlagpapier um auf Schulbücher", malt Bondy die Zukunft der Poesie aus.
„Verdammte Scheiße…" duckt sich Magor in einer Ecke.
„Damit bin ich nicht einverstanden! Dichter spielen an vorderster Front mit. Poesie war immer das Salz dieser Erde und wird es auch bleiben!" protestiert Jiří Kuběna6 leidenschaftlich. Er schielt gierig nach Petr Nikl7.
„War sie nie und wird es auch nie werden. Das Salz dieser Erde waren seit jeher Lügen, Verleumdungen, biertrinkende Schwejks und Mickeymäuse mit Wochenendhäuschen", opponiert Bondy.
„Ein medial erfolgreicher Dichter sollte in seiner Epoche genauso souverän zu Hause sein wie ein Immobilienhändler oder ein Börsenmakler. Mehr noch als Dichtertalent braucht er die dynamische Begabung der Durchsetzungskraft. Aus einem vernachlässigbaren Minimum muss er das absolute Maximum schöpfen. Das hängt stark mit Nietzsches Wille zur Macht zusammen", verkündet der Verherrlicher der gewöhnlichen Alltäglichkeit Petr Hruška8. „Er muss die Kunst des Kompromisses beherrschen und sich in Gesellschaft korrekt verhalten", fährt er fort.
„Der Dichter ist ein Priester", zitiert Kuběna Allen Ginsberg. „Seine wärmenden Worte heizen diese kalte, entmenschlichte Welt und leugnen so Gottes Gegenwart", fügt er hinzu. Lasziv blinzelt er Nikl zu und bestellt ihm einen Eierlikör.
„Der zeitgenössische Dichter ist eher ein langweiliger Possenreißer. Und ich bin nicht davon überzeugt, dass der Dichter der Zukunft dieser Rolle entkommt – eher im Gegenteil", lacht Bondy.
„Gute Kunscht sollte Schpaß machen und nicht mit irgendwelchem Mischt auf die Nerven gehen", erklärt Bolek Polívka9 und schenkt allen von seinem mährischen Sliwowitz ein.
„Der haut rein!" schüttelt sich Kuběna. Polívka gießt nach.
„Was ihr nicht alles sagt… Wie wird sich die Performance-Kunst entwickeln?" sondiert Petr Štembera10. Die Dichter ziehen abschätzige Grimassen und wenden sich ab.
„Was die Bullen nicht ausgerottet haben, das liquidiert sich masochistisch selber. Provokative Aktionen verlieren ihre Kraft und entrüsten niemanden mehr. Es entstehen peinliche Kopien und noch peinlichere Kopien peinlicher Kopien. Die etablieren sich auch an Provinzunis, und es wird ein lukratives touristisch-karrieristisches Business draus, für ein paar Dutzend akademischer Promis. Performer nehmen Einsitz in den akademischen Rängen und in Komissionen. In letzter Konsequenz entwickelt sich daraus so ein harmlos-vergnügliches Plaisir für die goldene Jugend…" deutet Bondy an.
„Auf ungefähr sowas hätte ich getippt", lacht Štembera. Er bezahlt seinen Tee und geht.
„Er hat seinen Schliwowitz schtehen lassen, der blöde Prager…“ staunt Polívka ungläubig.

2.
“Die tschechische Kunst wird auch weiterhin eigenständig und authentisch bleiben. Ihre einzigartige und schwer erkämpfte Position bringt nichts zum Schwanken", wirft der Theoretiker Jindřich Chalupecký11 ein.
„Sie wird zum stummen Zeugnis des inneren Ghettos", vergießt Adriena Šimotová12 ihre Tränen.
„Bleibt sie nicht und wird sie nicht. Sie kriecht allen möglichen und unmöglichen Dummköpfen westlich von Aš in den Arsch. So wie sie vor der Wende servil über sie herzog. Die neue Zeit wird Rattenwettrennen bringen, wer zuerst die größere Portion Ruhm, Geld und Privilegien erringt. Zu den nachgefragtesten Devisen werden Zynismus, Problemfreiheit und Anpassertum. Man wird nicht sehr großzügige Preise verteilen – eher dezente Almosen –, die zum autoritativen Kriterium der Qualität des Künstlers werden. Genauso wird entscheidend sein, wie oft jemand in New York, an der Biennale in Venedig, in London oder woanders ausgestellt hat. Der prestigeträchtigste Preis wird der Ihrige sein", lehnt Bondy die Thesen von Chalupecký und Šimotová ab.
„Das ist übertriebener Pessimismus”, verteidigt sich Chalupecký schwach.
„Das würde mich sehr wundern…" schüttelt Petr Nikl den Kopf. Kuběna, erregt, fährt mit der Zunge über den Daumen seiner verschwitzten rechten Hand.
Hruška zeigt Jirous ein Foto aus der Küche seiner Wohnung in Ostrava. Er strahlt mit verträumtem Blick, im Augenwinkel blitzt eine Träne auf. „Die Küche ist mein Alles: Asyl zum Ausruhen, intellektueller Tempel und vor allem – ein nie zu Ende gesagtes Gedicht. Ein für sich genommen schon sinnvolles Gedicht. Für mich bedeutet die Küche das, was für einen Skispringer die Sprungschanze", erklärt er.
„Schreib was darüber", ermuntert ihn Magor und kippt einen Wodka nach.
„Der liberale Markt wird mit unverständlicher Kunst und unwirtschaftlichem Intellektualismus übersättigt sein", teilt Václav Klaus mit homosexuellem Akzent mit.
„Die ganze schmierig inszenierte Komödie hat allerdings einen Haken – Sieger werden weder die Künstler, noch die Businessleute, noch die publizistischen Faulpelze, noch die Politiker am Futtertrog. Das Finale gehört jemand ganz anderem!"
„Wem?" erbleicht David.
„Den Aktivisten der Antikunstfraktion. Umstürzlerischen anonymen Regimegegnern. Aus Protest gegen Verschlagenheit, sittliche Versautheit und künstlerische Prostitution entstehen Partisanenguerillas ultraradikaler harter Kerle, die destruktive Überfälle auf Vernissagen und literarische Lesungen veranstalten, um den privilegierten, zahmen Hochstaplern und den kopfnickenden Snobs die Fresse zu polieren und ihre impotenten Scherzartikel zusammenzuhauen. Die Aktionen werden blitzartig und gut durchdacht durchgeführt. Es wird keine Woche vergehen, in der sie nicht irgendwo einfallen und alles in Stücke schlagen. Es wird keinen Tag geben, an dem sie nicht einem prominenten Arschloch den Docht ausdrücken. Das werden die ersten Schwalben sein. In einer zweiten und dritten Welle kommen weitere, mit ausgereifteren Kniffen und größerer Rasanz. Die aufgescheuchten Kritiker und die intellektuellen Schmarotzer werden wie Wendehälse alibistisches Geschwätz über die Notwendigkeit grundlegender Veränderungen schreiben…"
„Das sehe ich auch so, auf jeden Fall!" nickt der Anarchist Jakub Polák13 zustimmend.
„Was ischt das für ein Hecht? Wo kommen´s denn her?" brummt Polívka.
„Da werden wir nicht fehlen. Wir binden sie an die Straßenbahn und ziehen sie eine Stunde durch ganz Prag", verkündet Muchacho, der Nestor der Karliner Outlaws.
„Ganz aus der Seele gesprochen, alter Esel. Wir mahlen deren gestylte Visagen zu Brei", gesellt sich Benzin dazu, der Leader der Smíchover Bandidos.
„Da machen wir auch mit. Die verweichlichten Nobodys zerquetschen wir an der Wand", reckt Pitbull, der Chef der Žižkover Hell´s Angels, seinen Daumen.
„Das ist Unsinn!" murrt das Ehepaar Ševčík14.
„Entartete Kunst“ streckt plötzlich Daniel Landa15 seine Rechte hoch.
„Ich“ näselt Klaus.
„Die korrumpierten Künstler werden sich fürchten auszustellen. All ihre exhibitionistischen Masturbationen werden unter üppigem Polizeischutz stattfinden“, schließt Bondy.
„Das glaube ich gerne…“ schaut Magor Jirous finster drein und beginnt einen Protest-Striptease. Seine Figur hat er beim täglichen Stemmen in Bierhallen trainiert.
„Und was wird aus uns Zigeunern?“ spannt Ondřej Giňa16 seine Sehnen an.
„Aus euch werden Roma“, besänftigt ihn Bok.
„… aber auch das nur um ein Haar, wenn überhaupt", brummt Landa.
„Sie sind so ein deprimierendes Plagiat der Fürstin Libussa!" widerspricht Hruška Bondy.
„Wir werden sehen…" kratzt sich Bondy.

3.
Die Kellner räumen die leeren Gläser ab und servieren volle.
„Renommierte Buchverlage werden sich auf profitable Produkte orientieren, und die inhaltliche Qualität geht dabei prompt flöten. Literatur wird immer weniger anspruchsvoll, halbwegs boulevardmäßiger Schund und oberflächlich anbiedernder Mist. Angesehene Literaturzeitschriften werden wie Reklamekataloge funktionieren, Kunstzeitschriften genauso. Frechheit, Spott, Provokation und ein scharfer, angriffiger Stil verschwinden gänzlich. Zensur und Autozensur greifen um sich und werden rasant stärker. Mit beunruhigenden und alarmierenden Werken ist es aus", sagt Bondy und verjagt mit jäher Geste eine aufdringliche Fliege.
„Lange und mit Spannung erwartete Lyrikbände raffinierter und keineswegs empörender Autoren werden sofort vergriffen sein. Die unsichtbare Hand des Marktes wird zuverlässig die Spreu vom Weizen trennen. Akademisch geübte Dichter sind gefürchtete lyrische Raubtiere. Wohlklingende Zikaden im primitiven Gebrüll des barabarischen Pöbels. Die Qualität künstlerischen Schaffens wird durch die Angehörigkeit zur herrschenden Kaste determiniert. Ihr seid durch euren Linksextremismus geblendet und schürt unnötig Panik!" opponiert Hruška fanatisch.
„Sie haben wohl Verstopfung oder schlafen schlecht…" reagiert Bondy.
„Man muss die Gelegenheit beim Schopf packen und nicht lockerlassen", quatscht Hruška flüsternd weiter.
„Scheiße… Alle offiziellen Chancen gehen verloren, oder müssen mit ekligen Kompromissen von Schlappschwänzen erkauft werden", knurrt Bondy wütend.
„Prächtiger walachischer Faun…" geifert Kuběna leidenschaftlich zum apathischen Nikl. Mit unruhigen Händen knetet er eine erträumte Form.
„Na und?" zwinkert Magor Jirous.
„Ein paar zivil ungehorsame Enthusiasten beginnen wieder, Samizdat herauszugeben", erklärt Bondy und stülpt einen halbgefüllten Aschenbecher über die Fliege.
„Hören Sie damit auf, hier Unordnung anzurichten, sonst klopfen wir mit Ihnen das Polster aus!" brüllt einer der Kellner und bringt den Tisch wieder auf Vordermann. Auf Bondys Konsumationszettel schreibt er 50 Kronen dazu.
Die übrigen Teilnehmer sitzen da und schweigen, in ihre Gedanken vertieft.
„Ich", näselt Klaus im Halbschlaf.
„Samizdat…" wiederholt Bondy eher für sich.
„Das ist eine hervorragende Lösung!" freut sich Bok.
„Ja und nein. Während die verwöhnten Leser es ignorieren, wird das zornige Establishment mithilfe der Literaturkritiker und arschkriecherischer Lückenbüßer-Rezensenten eine harte Diskreditierungskampagne führen. Denen wird nämlich klar, dass auf diese Weise eine tatsächlich unabhängige Meinungsszene entsteht, und das ist in ihren Augen unzulässig. Sie ballern systematisch von allen Seiten auf die Samizdat-Autoren und versuchen sie auszubooten", geht Bondy ins Detail.
„Das kann diesen Schweinen aber nicht gelingen", schaut Jirous finster drein.
„Auf keinen Fall", fügt Bok an.
„Das ist die Frage… Es kommt zu einer schizophrenen Situation – Samizdats werden wieder in Kneipen und Cafés zirkulieren, und eine neue Garnitur von Beleidigten und Erniedrigten wird sie lesen. Gleichzeitig findet die Schulung spezieller Bullenteams statt, die äußerlich wie alternative Hippies aussehen werden, und diese Mistkerle werden Samizdats vernichten. So wird es immer weniger davon geben, und es entstehen Probleme mit dem flüssigen Vertrieb", sagt Bondy.
„Man kann doch jedes Problem lösen", kippt Jirous einen weiteren Wodka nach.
„Jedes nicht", widerspricht leise Bondy.
„Wie denn das…?" staunt Bok betreten.
„Ganz einfach. Man kann logischerweise davon ausgehen, dass die Parlamentsmarionetten ein heiß gestricktes Gesetz über unerlaubte Druckerzeugnisse durchwinkt, und so wird das Herausgeben und Vertreiben von Samizdat zur Straftat. Die legislativen Arschlöcher bauen natürlich eine so niedrige Schwelle für unbedingten Knast ein, dass sich das jeder Autor dreimal überlegt. Aus. Den schlappen Romantikern und ausgebrannten Idealisten kräht kein Hahn nach", malt Bondy den Teufel an die Wand.
„Das wird ja wie im real existierenden Sozialismus…" schaut Bok finster drein.
„Warum meinst du?" breitet Bondy seine Arme aus.

4.
„Beim Boss im Büro ist ein Anruf für Sie", teilt der Oberkellner Bondy mit.
Bondy steht auf und geht zum Büro. Er klopft an und tritt nach Aufforderung täppisch ein. „Dort drüben", zeigt der Chef der Weinstube zum Telefon, ohne die Augen von seinen Akten zu heben.
„Fišer", stellt sich Bondy in den Hörer vor.
„Hier Kryl17. Ich möchte mit Herrn Bondy sprechen", wispert eine entfernte Stimme.
„Das bin ich", präzisiert Bondy.
„Ach so, entschuldigen Sie… Ich werde Ihnen einige fixe Ideen erzählen und wünsche mir, dass Sie sie Leuten weitervermitteln, denen Sie vertrauen. Wobei – sagen Sie es ruhig, wem Sie wollen", sagt die entfernte Stimme.
„Gut. Sprechen Sie, ich höre zu", fordert ihn Bondy auf.
„Sagen Sie ihnen, dass ich mit meinem inneren Auge folgendes sehe: Die Demokratie wird aufblühen, wenn auch mit Schönheitsfehlern, und diejenigen, die seit Jahren klauen, werden weiterhin doppelt so viel klauen", sagt Kryls entfernte Stimme.
„Das sage ich ihnen. Verlassen Sie sich drauf", versichert ihm Bondy. Das Gespräch wird von verschwommener Musik gestört.
„Und sagen Sie ihnen auch, dass König Václav I. mit dem Schwarzhändlerpack gemeinsame Sache machen wird. Und dass wir uns unter dem Dach der einen Partei alle am Futtertrog wiedersehen", fährt Kryls entfernte Stimme fort.
„Das richte ich auch aus", verspricht Bondy. Der Boss schaut ungeduldig auf die Uhr.
„Und sagen Sie ihnen noch, dass der Demokratie Magengeschwüre wachsen. Ohne Redlichkeit, ohne Recht und vor allem ohne Rücksicht. Vielleicht ist das mein persönliches Versehen, oder eine optische Täuschung, dass statt des Herzens ein Bauch sein wird und statt der Seele ein Maul", fährt Kryls entfernte Stimme fort.
„Sage ich, keine Bange", verspricht Bondy aufs Neue.
„Na gut. Alles Gute. Vielleicht sehen wir uns ja bald wieder", endet Kryl.
„Hoffe ich wohl. Ihnen auch alles Gute", sagt Bondy und hängt auf.
„Danke", sagt Bondy dem Chef.
„…" schweigt der Chef.

5.
“Wer war das?”, ist Bok neugierig.
“Einer, der rübergemacht hat, der jenseits des Vorhangs lebt. Ich sage euch nachher, was er mir ins Telefon gefaselt hat", sagt Bondy und fährt mit dem heiklen Problem fort. „Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja… Die Zerstörung snobistischer Vernissagen wird ihren Höhepunkt erreichen. Das Establishment eilt natürlich gerne und hilfsbereit den zu Recht attackierten Künstlern zu Hilfe und veranstaltet Hetzjagden auf die Radikalen, an denen auch die Medien teilnehmen, die eng an die administrativ wuchernde Macht gebunden ist. Ihre Argumente werden genauso schwachsinnig sein, wie die Argumente der ins K.O. versetzten Künstler. Die Angriffe der Radikalen werden blitzartig und bis ins letzte Detail konsequent geführt. Sie werden maskiert auftreten, und niemand wird ihre Namen kennen. Sobald sie erkennen, dass auch das kaum was hilft, dann fliegen Galerien und literarische Cafés in die Luft. Als erste die sogenannt alternativen", rudert Bondy exaltiert mit den Armen rum.
„Hm", zucken Nikls kindliche Züge erschrocken.
„Ich", näselt der eben erwachte Klaus.
„Es endet mit dem Brand der Nationalgalerie. Der Messepalast wird wieder brennen. Diesmal versinkt er definitiv in Schutt und Asche", blitzen Bondys Augen auf.
„Ich lösch den nicht", kichert Benzin von den Bandidos.
„Ich zünd mir meinen Joint daran an", betont Pitbul.
„Wir schmeißen die lyrische Kotze dieser Schwächlinge in die Flammen", plant Muchacho.
„Kunst und Künstler verdienen eine bessere Behandlung", verwahrt sich Chalupecký.
„Unter den genannten Bedingungen nicht", sagt Bondy.
„Das wird aber die persönliche Freiheit einschränken" erschrickt Petr Nedoma18.
„Überhaupt nicht“, widerspricht Bondy, „Wo doch die Künstler lange zuvor sich selbst die Freiheit eingeschränkt haben, da wird nix mehr einzuschränken sein. Sie werden sich entscheiden müssen, was sie eigentlich wollen. Entweder im Auftrag der Banken, Geschäftsketten und reicher Sammler malen und bildhauern und nebenbei in der Werbung jobben – oder sie scheißen auf diesen Schund und wechseln in die Illegalität und werden richtig frei und unabhängig, aber dafür nagen sie dann am Hungertuch. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht“, ergänzt Bondy.
„Ich weiß nicht, ich weiß nicht“, zieht Nedoma ein überdrüssiges Gesicht.
„Die Konsumenten, Wähler und manipulierten menschlichen Ressourcen brauchen keine Seele mehr, der ökonomische Instinkt wird ihnen reichen“, argumentiert prognostisch Klaus.
„Was ist mit Ihrer Vergangenheit und der Ihrer Gattin?“ bricht Petr Cibulka19 die Türe zu einer Terra incognita auf.
„In den letzten Jahren komme ich mir wie ein gehetztes Tier vor. Darin stehe ich dem Herrn Aktivisten Bok hier fatal nahe”, antwortet Klaus.
Bok wird ohnmächtig, Jirous übergießt ihn mit Mineralwasser und schüttelt ihn.
„Wie ist das mit Ihrer Gattin?" bedrängt Cibulka.
„Im Frühjahr 2003 ließ sie sich ein neues helles Kostüm nähen, dazu einen eleganten Hut in derselben Farbe, mit einer glänzenden cremefarbigen Krempe. Das steht ihr gut", ergeht sich Klaus.
„Jetzt ist aber Sommer 1989. Was tat sie vor zehn Jahren, und wo sind ihre Eltern? Es zirkulieren diverse Gerüchte, darum stellen Sie das mal klar", peitscht Cibulka.
„Nie, aber wirklich niemals hat sie sich gewünscht, First Lady zu sein. Aber wenn sie es schon verdienterweise geworden ist, kümmert sie sich gewissenhaft um den Schloßgarten in Lány und gießt dort täglich die Blumen. Sie hat den Elitedamenverein Top Czech Ladies gegründet. Sie hat begriffen, dass für verbale wohltätige Aktivitäten ein teurer Nerzmantel unabdingbar ist. Ihre fröhliche Verschwendungssucht prädestiniert sie geradezu für die Rolle der fundierten Spezialistin in Fragen des globalen Klimas", näselt Klaus.
„Wir schreiben das Jahr 1989!" brüllt Cibulka und steht drohend auf.
„Sie ist zu armen Menschen nett und mag es nicht, überhaupt nicht, in einigen lukrativen Aufsichtsräten zu sitzen. Man muss aber das Bewusstsein für eigennützige Gunst vertiefen, wie Herr Magor, ein Kollege aus der Dissidenz, irgendwo so treffend schreibt", fährt Klaus fort.
Jirous wird ohnmächtig, Bok übergießt ihn mit Mineralwasser und schüttelt ihn.
„Den Armen wird genommen und den Reichen gegeben", zischt Saša Vondra20 arrogant.
„Dich wird man wegen Landesverrat steinigen. Das habe ich im Traum gesehen", ballt John Bok die Faust.
„Nach den katastrophalen globalen Misserfolgen kommt die Zeit, wo man Ökonomen zu Outlaws erklären wird, und die berüchtigtsten enden in KZs auf dem Südpol", schaut Polák finster drein.
„Das habe ich auch im Traum gesehen", stimmt Bok zu.

6.
„Kehren wir zur Kunst zurück", belebt David das ursprüngliche Thema wieder.
„Ich", näselt Klaus.
„Kunst ist schon lange nicht mehr das Parkett der Armen und Verdammten! Sie hat nichts gemeinsam mit dem sozial disqualifizierten Gesindel!" gerät Milan Knížák21 in Fahrt.
„Wir beide werden uns verstehen", schleimt sich Klaus ein.
„Wir lassen es nicht zu, dass unsere Kunst untergraben wird!", wettert Knížák kämpferisch.
„Der große Künstler der Zukunft wird sich in den Untergrund zurückziehen", zitiert Magor Marcel Duchamp.
„Das ist sträflich unhygienisch. Da wäre er ja schön blöd!" reagiert Knížák jäh.
„Wir Tapferen brauchen keine Zukunft", wirft Jiří Dědeček22 ein.
„Die drängt euch ja auch keiner auf. Avantgardekunst pfeift auf die Zukunft", zähmt ihn Knížák.
„Die vergangen zukünftige Gegenwart wird mit Gottes Peitsche in Zaum gehalten. No future, wie wir Cyberpunks aus dem Innenministerium sagen", unterstreicht Major Zeman23 seine Worte.
„Seriöse Kultur und unanstößige Kunst sind immer ein gutes Geschäft", tätschelt sich Jan Burian24 munter auf den Bauch.
„Man soll im Überfluss und im Frieden mit der Konkurrenz leben", betont Karel Gott25 und schreibt Václav Havel eine Widmung in sein Buch „Briefe an die Wolga", das im Verlag Kolyma Gulag Books erschienen ist.
„Gott mit uns", streckt Landa seine Hand zum Hitlergruß.
„Wes erbarmungsloses Brot ich ess', des kontextuelles Lied ich sing", hängt Dědeček seine Fahne in den Wind und zitiert ein altes Sprichwort, das über seifenhafte Zauberkraft verfügt.
„Wir Scharfschützen aus dem Hause ‹Melodie› werden die Wachhunde der Demokratie sein", versichert Jan Rejžek26.
„Die Leader der Jazzová sekce werden nicht mehr länger mit der Staatssicherheit fusionieren und auf die Seite der moralischen Sieger überlaufen“, verkündet Karel Srp27 feierlich.
„Da haben wir auch immer hingehört“, schmaucht Josef Skalník sein Pfeifchen.
„Erudierte Blondinen ziehen in den virtuellen Kampf für den verdienten Ruhm der jungen tschechischen Weltkunst!“ ruft Lenka Lindaurová28 entschlossen.
„Ungleichheit! Uneinigkeit! Individualismus! Elitär priviliegierte Bruderschaft! Die ODS wird zur Elitepartei der Anti-Umweltschützer! Sie veranlasst, dass bunte Bedeutungsebenen der lebensspendenden Geschäftemacherei aufgedeckt werden!“ ruft Klaus fanatisch aus.
„Darin sehe ich nichts Negatives. Es wird die postmoderne Erfüllung der kollektiv individualisierten authentischen Identität“, stimmt Havel ihm höflich zu.
„Das ist ein faires Wort! Die rote Bankenlobby errichtet eine blaue, nicht eine grüne Realität. Ich muss sofort meinen Antrag auf Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei zurückziehen. Und dann plagt mich noch eine einzige, aber wirklich seltsame Kleinigkeit – wenn unsere Nachbarin ihren Schäfer Rek29 bei Fuss ruft, dann trabe ich auch brav an“, knöpft sich Klaus sein Hemd auf. Er fasst in die Jackentasche und streut sich Asche aufs Haupt.
„Sie sind mir ein Kerl!“ reagiert der Oberkellner gutmütig.
„Und was ist mit den Informanten?“ fragt Cibulka.
„Die werden sich über die Dissidenten lustig machen“, lacht Jaroslav Nohavica30.
„Die geht aufs Haus…“ stellt ein anderer Kellner eine Flasche georgischen Kognak auf den Tisch.
„Wir Studenten gehen auf die Straße“, teilt Major Ludvík Zifčák31 mit und rasselt mit einem Schlüsselbund.
„Die Schauspieler werden die Protagonisten des gesellschaftlichen Wandels", sieht Jiřina Bohdalová32 unfehlbar voraus und klimpert mit einer Kette schwarzer Tahitiperlen.
„Und gleich gehts los! Ranke Literaturkritiker und akrobatische Publizisten machen mit", streckt Vladimír Novotný33 stolz die Brust heraus und bringt eine Wetterfahne auf seiner Glatze an. „Habe ich nicht recht, Zdeno?" wendet er sich an Redaktor Pavelka34 vom Rudé Právo.
„Doch", nickt Pavelka und freut sich.
„Sie sind ein Chamäleon, das in jedem Regime schmarotzt. Wenn hier einmal der Stamm der Maschkulumba auf Nashörnern einfällt, dann werden Sie nicht nur ihnen, sondern auch den Nashörnern in den Arsch kriechen“, zischt Bondy Novotný an.
„Leben ist Wandel…" windet sich Vladimír Hyänowitsch35.
„Ich", näselt Klaus.
„Die nächste Elite wird strengeren Kriterien unterliegen. Ohne moralische Flecken ist bei uns nur eine winzige Handvoll Menschen geblieben: Ich, die Jungs vom Olympik, Michal Prokop, Jarda Hutka und fünf, sechs andere. Die Toten zähle ich nicht mit“, bewertet Rejžek beiläufig. Kuběna setzt sich neben den erschrockenen Nikl.
„So läuft es also still und heimlich auf ein Unentschieden hinaus…" knirscht Cibulka mit den Zähnen.
„Eule Plobleme möchten wi' ma' haben", lallen die Rafani36 und schmeißen den andern Gästen Schnuller in die Getränke.
„Wir wickeln und stillen euch", bieten die Vála-Schwestern37 an.
„Überall hat die Scheiße zwei Enden“, stellt Jan Saudek38 fest.
„Und wie kommen wir da raus?“ schaut John Bok finster drein.
„Ich“, näselt Klaus.
„Mit der Zeit kommt schlechte Stimmung auf. Es stellt sich raus, dass die ganze hehre Kunst völliger Schund ist und obdachlos auf der Stelle tritt. Kunsthistoriker und Kuratoren sind mit ihrem affektierten und hochkomplizierten Geschwätz am Arsch, und es wird die Tendenz aufkommen, ihnen die Fressen mit Rohgarn zuzunähen. Einige Galerien verwandeln sich in lebendige Diskussionsforen, aus denen diejenigen Deppen rausfliegen, die mit ihrer Egozentrik, Raffgier und Blödheit die Kunst zahnlos gemacht haben. Die Situation wendet sich zum Besseren. Endlich beginnt man darüber nachzudenken, welche Rolle Kunst in der Gesellschaft spielt, und ob sie das Recht hat, sich selbst als Avantgarde der Entwicklung zu betrachten“, schließt Bondy und streckt sich.
„Und hat sie die Ihrer Meinung nach?“ fragt David.
„Nein“, kratzt sich Bondy am Kinn.
„Lasst uns beten!“ fordert Pfarrer Václav Malý39 auf.
„Ich geh' pissen", steht Bondy auf.

7.
„Ich“, näselt Klaus.

Prag, August 2007
Ohne Zustimmung des Autors darf dieser Text weder abgedruckt noch elektronisch verbreitet werden.



1) Egon Bondy – Linker Zen-Philosoph, Vater des Prager Undergrounds, Prosaschriftsteller, angeblich auch Mitarbeiter der Staatssicherheit und Lyriker, kam bei einem Brand in seinem Bett um
2) Ludvík Hlaváček – Kunstdirektor
3) Jiří David – Lebende Legende der tschechischen visuellen Kunst, Graphomane und Medienstar
4) John Bok – ehemaliger Dissident, Lyriker, allseitiger Aktivitst und Leiter der geheimen Lobby der Gerechten Salamoun
5) Ivan Magor Jirous – Ikone des tschechischen Undergrounds, katholischer Lyriker und Zen-Säufer, der sich ständig entkleidet
6) Jiří Kuběna – berühmter schwuler Lyriker und Dichter-Vereinsmeier
7) Petr Nikl – Berühmter Künstler und Performer mit kindlichem Gesicht und kindlicher Art, ist aber erwachsen
8) Petr Hruška – Konservativer Lyriker, dessen einziges Kriterium sofortiger Erfolg ist
9) Bolek Polívka – munterer besoffener Schauspieler, Herrscher über einen minoritätischen Säuferstamm in Mähren
10) Petr Štembera – Ehemaliger Performer, bekannt für Pflanzenzucht auf dem eigenen Körper, Karatekämpfer und Experte für Plakate
11) Jindřich Chalupecký – angeblich bedeutendster Kunsthistoriker, Entinterpretierer Duchamps, Essayist und gelegentlicher Spaßvogel
12) Adriena Šimotová – Berühmte Künstlerin, figürliche Existenzialistin
13) Jakub Polák – Anarchist in Rente
14) Jana und Jiří Ševčík – Vertreter der leicht fortschrittlichen Kunst im Rahmen des Gesetzes
15) Daniel Landa – Ex-Skinhead, Sänger der Band Orlik, heute Promi, Autorennfahrer und volkstümelnder Mystiker
16) Ondřej Giňa – Fernsehreporter, heute nur noch Rom
17) Karel Kryl – Legendärer dissidenter verfemter Sänger, der überraschenderweise nach der Revolution von der Bildfläche verschwand
18) Petr Nedoma – Kunstdirektor
19) Petr Cibulka – Dissident und ungehobelter Kerl aus Brno, der die Mitarbeiterlisten der Staatssicherheit veröffentlichte und damit die tschechische Gesellschaft in die Lager der Bösen und der Unschuldigen geteilt hat
20) Alexandr (Saša) Vondra – Politiker mit einem für 3:4 Fernsehbildschirme (PAL) formatierten Gesicht
21) Milan Knížák – Kunst-Generaldirektor, lebendes Grauen der tschechischen bildenden Kunst
22) Jiří Dědeček – Literatur-Präsident
23) Major Zeman – ein Freund von Vladimír Novotný
24) Jan Burian – Schmarotzer, Parasit und gemütlicher Kerl
25) Karel Gott – berühmtester deutsch-tschechischer Kantilenensänger und später tschechischer Post-Neoimpressionist
26) Jan Rejžek – Schmarotzer, Parasit und Querulant
27) Karel Srp – angeblich Denunziant von Joska Skalník, Vorsitzender der bedeutenden oppositionellen Kulturzelle Jazzová sekce am Ende des sozialistischen tschechoslowakischen Staates
28) Lenka Lindaurová – Journalistin, beim verstorbenen Kulturminister wie die Pest verhasst
29) Rek, Kerl – angeblich Decknamen des späteren Präsidenten Václav Klaus in den Akten der StB (Geheimpolizei im sozialistischen tschechoslowakischen Staat)
30) Jarek Nohavica – Bekannter Folksänger, der von einem anderen, angeblich ehrenhafteren Folksänger als „Denunziant aus Těšín“ bezeichnt worden ist, also als Informant der Staatssicherheit
31) Major Ludvík Zifčák – Pseudostudent, Prophet und Anzettler der Samtenen Revolution, der tatsächlich von den Toten auferstand
32) Jiřina Bohdalová – Sexidol in den böhmischen Dörfern der 60er und 70er Jahre
33) Vladimír Novotný – die widerlichste Bestie, die man sich nur vorstellen kann, Literaturkritier und Rezensent
34) Zdeno Pavelka – damals kultureller Salonlöwe der Parteizeitung „Rudé Právo“, heute knurrt er im „Salon“, der Beilage von „Právo“
35) Vladimír Hyänowitsch – Vladimír Novotný auf Russisch
36) Rafani – uniformierte akademische Performer, ursprünglich zu Unrecht für eine dunkle volkstümelnde okkulte Loge gehalten
37) Vála-Schwestern – die Zwillinge Jitka und Květa, bekannte Malerinnen
38) Jan Saudek – populärer Fotograf menschlicher Absonderlichkeiten, vor allem bei den Franzosen beliebt
39) Václav Malý – dissidenter Priester, katholischer Trafikant




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