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Geschichte der tschechischen Kunst in Umrissen II. Die Kunst nach 1989Zeitschrift Umělec 2008/101.01.2008 Tomáš Pospiszyl | en cs de es |
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Dies ist die erwartete Fortsetzung der Geschichte der modernen und zeitgenössischen Kunst in Tschechien aus der Ausgabe 3/2007.
Im vorigen Teil enthüllten wir das Leben der Künstler unter der Geißel des Zentralkomitees eines kommunistischen Staates, jedoch in der Wärme der mit Zentralheizung geheizten Ateliers. Diesmal lesen wir zu Ende, welche Überraschung und Ernüchterung der studentische Putsch im Jahr 1989 mit sich brachte, der das Leben von Millionen von Werktätigen veränderte und den Künstler in Unsicherheiten stürzte. Das berüchtigte Brechen des Brotes wird in dieser Ausgabe vollendet und die gordische Roulade zerhackt. Tomáš Pospiszyl ist bereits heute ein bekannter Förderer der zeitgenössischen Kunst. Er trug auch zu hochgeschätzten Publikationen bei, die Licht in den Tunnel der neuen Kultur des östlichen Europas warfen. Die Publikationen Promotional documents und Sentimental papers sind heute die praktischsten Leitfäden, um sich in den verwickelten Wurzeln der nichtlinearen Erkenntnis zurechtzufinden. Als Erster enthüllte er auch unlängst die bittere Wahrheit über die Nichtexistenz des slowenischen Philosophen Slavoj Žižek, den sich die Künstlergruppe Irwin ausgedacht hat. Vom Los bestimmt, tritt ein bestimmtes Mitglied der Gruppe auf der jeweiligen Tournee unter der Identität des Philosophen auf, welche repräsentiert wird durch einen falschen Freudschen Vollbart und populistische marxistisch-Cimrmansche Appelle. Aus Protest gegen die Ablehnung seines Projekts eines Death-Metal-Pavillons für die Biennale in Venedig lebt Tomáš Pospiszyl heute in einer Tonne aus Elfenbein im Gebiet Giardini. Ivan Mečl Abrechnung mit der Vergangenheit Im Dezember des Jahres 1989 begann den meisten Leuten klar zu werden, wer den Kalten Krieg gewonnen hatte. Niemand wollte auf der Seite der Besiegten sein, und so fand einige Tage lang ein Festival zur Feier des Endes einer Zivilisation statt. Die mittlere Generation der bildenden Künstler erlebte endlich Satisfaktion. Zwei Dekaden ihres Lebens bekamen Sinn und Berechtigung. Sie konnten anfangen, normal zu leben und zu schaffen wie im Westen. Die Grenzen öffneten sich, und die tschechische Kunst zeigte sich der Welt. Alles konnte anders und besser gemacht werden. Raum entstand, um das Schiefe bei der Herausbildung der staatlichen Institutionen auszubessern; es war möglich, ungehindert neue Galerien zu gründen; der Kunstkritik und –Theorie legte niemand mehr Steine in den Weg. Nach 1989 waren die Möglichkeiten da und sind es bis heute. Mit der Öffnung zur Welt begann sich gleichzeitig zu zeigen, wer von wem abgeschrieben und wie viele lokale Künstlerstars schamlos ausländische Vorbilder kopiert hatten. In einigen Fällen wussten das die tschechischen Künstler sogar selbst nicht, von den internationalen Künstlern ganz zu schweigen. Die Werke von Karel Miler, Hugo Demartini, Stano Filko, Theodor Pištěk, Zorka Ságlová, Vladimír Havlík und weiteren hatte bereits irgendwann einmal irgendjemand geschaffen. Der einzige, der nicht abschrieb und er selbst blieb, war Zdeněk Beran. Es zeigte sich auch, wie viele künstlerische Werke unter den Decknamen offiziell anerkannter Künstler entstanden. Einen großen Teil der künstlerischen Produktion der Achtziger Jahre hatte der fleißige Jiří Sozanský auf dem Gewissen, der jedoch 1991 gemeinsam mit Egon Bondy in die Slowakei übersiedelte, um dort im Underground weiterzuwirken. Nach 1989 rechnete die künstlerische Gemeinde mit den Überresten des kommunistischen Regimes ab. Der Besitz des „Bundes der bildenden Künstler“ wurde unter den bedeutendsten Mitgliedern aufgeteilt, die Immobilien erfolgreich verkauft oder privatisiert. So gewann man Kapital. Im Jahr 1991 gründeten Milena Slavická, Ludvík Hlaváček und Karel Srp die Zeitschrift „Výtvarné umění“ (Bildende Kunst). Die achtzigseitige, farbige Zeitschrift erscheint bis heute regelmäßig sechsmal pro Jahr und wurde zu einer allgemein anerkannten Plattform für Kritik und Diskussion. Die Sommerausgabe hat gewöhnlich eine literarische Beilage. Identität, Intimität, Unverschämtheit Die Tvrdohlavé (Dickköpfe), die markanteste Generation der zweiten Hälfte der Achtziger Jahre, konnten nach 1989 reisen und ihre postmodern-mythischen Visionen exotischer Landschaften mit der Realität der Erholungsgebiete mit Halbpension konfrontieren. Einige von ihnen hörten auf zu malen, andere perfektionierten ihre Malerei. Die Gruppe fiel aber gleich zu Beginn der Neunziger Jahre auseinander, weil es für eine defensive Vereinigung bereits keinen Anlass mehr gab. Und Gruppenausstellungen sahen in einer Zeit des individuellen Liberalismus zu kollektivi-stisch aus. Eines der großen Themen der Kunst in den Neunziger Jahren wurde die Identität des Künstlers. Es erschien nicht erst mit dem „Verschwinden“ der latenten Politisierung der vorangegangenen zwei Dekaden. Die Identität der meisten Künstler wurde in diesen Jahren radikal erschüttert. Vor 1989 lebten sie in verschiedenen Schichten einer Grauzone und lernten es, sich in diesem komplizierten System von Offiziellem und Nichtoffiziellem zu bewegen und es zu verstehen. Als dieses System in Abrede gestellt wurde, wurde dadurch auch ihre eigene Identität in Abrede gestellt. Diese versuchten sie in verwitterten, ideologischen Symbolen, gebrauchten Möbeln und alten Familienalben wieder zu finden. Das Ergebnis waren sehr intime und feine Arbeiten, die völlig anders aussahen. Es stellte sich heraus, dass es für das Thema Identität sehr passend ist, sich durch künstlerische Installationen auszudrücken – durch auf verschiedene Weise zusammengestellte Gegenstände und Bilder, die zusammen ein höheres Ganzes bildeten. Die Dinge bekamen dank dieser Installationen eine neue, wenn auch nicht ganz klare Bedeutung. Installation wurde für einige Jahre die fortschrittlichste künstlerische Form. Danach hörten die Künstler wieder auf, Installationen zu machen. Alles war neu, und Banken begannen für ihre Sammlungen zeitgenössische Kunst einzukaufen. Die Frechheiten, für die David Černý in den Achtziger Jahren noch hätte einsitzen müssen, machten ihn nach 1989 berühmt, und die Zeitungen schrieben über ihn. Alte und neue Persönlichkeiten Im Jahr 1995 starb Jindřich Chalupecký, die legendäre Gestalt der modernen, tschechischen Kunst. Chalupecký lebte seit 1990 in einem Kloster, wohin er sich nach der Genesung von einer ernsten Erkrankung Anfang der Neunziger Jahre abgeseilt hatte. Zur Überraschung akzeptierte er jedoch weder die politische noch die künstlerische Entwicklung nach 1989; blind kritisierte er alles, was sich von seiner Theorie der „Unbedingten Entfernung“ entfernte. Er hoffte, dass dank der Entfernung seine Inkompetenz, sein Unverständnis oder speziell seine Unkenntnis der aktuellen Weltkunst nicht sichtbar würde. Gegen die Theorie der Unbedingten Entfernung stellten sich die Kuratoren Jana Ševčíková und Jiří Ševčík (auch wenn sie selbst einen direkten Bezug immer leugneten) mit ihrem Konzept der „Unbedingten Annäherung“ an den internationalen Kontext. Ihre Ausstellungen wurden für viele Künstler zunächst zur Richtschnur, wie man zu arbeiten habe, nach einigen Jahren dann umgekehrt zur Anleitung, wie man nicht zu arbeiten habe. Auf den von Jana Ševčíková und Jiří Ševčík vorbereiteten Ausstellungen stellten am häufigsten Jiří David, Tomáš Císařovský sowie Milena Dopitová mit Schwester, Ehemann und später Sohn aus. Die Ausstellungen der Ševčíks definierten die Geschichte der tschechischen Kunst in den Neunziger Jahren, öffneten ihr den Weg zu neuen Themen, zu denen die Ševčíks die Künstler mit den kunstvoll gewählten Titeln ihrer Überblicke heranführten. Nach ihnen wurde die tschechische Kunst jedoch nicht international, sie blieb die „unsere“, auch wenn kaum jemand hier für ihre Probleme und Artikulierung Rat wusste. Die zentrale Frage blieb die bereits der Avantgarde vor dem Krieg wohlbekannte Unsicherheit, zu was diese Kunst eigentlich gut sei. Die erste Generation Zur Generation des Umbruchs für die neue Kunst wurde die Schicht der Studenten künstlerischer Hochschulen, die noch vor 1989 mit ihrer Ausbildung begonnen hatten, sie aber dann unter den neuen Bedingungen beendeten. Milan Knížák von der Akademie der bildenden Künste in Prag setzte die alten Lehrer rasant auf die Straße und fand neue, bessere als jene, die dort vor 1989 wirkten. Seinen Studenten befahl er, das genaue Gegenteil von dem zu tun, womit sie sich gerade befassten – was sie befreite. Den jungen Künstlern spielten auch die günstigen Bedingungen zu. Das Soros Zentrum für Zeitgenössische Kunst hatte in den Neunziger Jahren einen anständigen Etat und ermöglichte den Künstlern nicht nur zu reisen, sondern auch umfangreiche Werke bis weit ins Ausland und zurück zu transportieren. Das machte sich beispielsweise Jiří Příhoda zunutze, der aber schließlich beim Erstellen unübertragbarer, ortspezifischer Installationen und ökologischer Videos endete. Veronika Bromová, Kateřina Vincourová und Markéta Othová waren Frauen, was zur Freude der Kuratoren in ihren Arbeiten zum Ausdruck kam. Sie pfiffen auf Malerei, Zeichnen und Bildhauerei und begannen Fotoapparate, Computer und Assistenten zu verwenden. Petr Pastrňák, Petr Písařík und Ivan Vosecký kreisten um die Malerei, allerdings mit zeitweiligen Ausflügen zu anderen Techniken, Medien und Stilen. Am häufigsten wechselte aber Jiří Černický die Genres: Er malte, zeichnete, schaffte Skulpturen und Installationen, drehte Filme, spielte Geige, Gitarre und Mundharmonika, schrieb Bücher, trat bei Performances auf, spielte Theater und organisierte Petitionen. Elektrizität Der Großteil der jungen Künstler der Neunziger Jahre entsagte dem traditionellen Metier des Handgemachten, Darstellenden. So war Michal Blažek nach 1994 der einzige Bildhauer in Tschechien. Die Künstler begannen bereits existierende Objekte zu verwenden, öfter dann fotografische Bilder. Es waren nicht mehr bloß Fotografien, denn die Künstler verwendeten sie ein wenig anders. Václav Stratil ließ sich von professionellen Fotografen ablichten, aber so, dass er blöd aussah. Einige stellten ihre Fotografien selbst her, allerdings ohne dies an einer Hochschule für Fotografie richtig gelernt zu haben. Andere übernahmen Fotografien lediglich aus verschiedenen Druckerzeugnissen. Künstler konnte schließlich jeder werden, der den Wunsch danach verspürte. Videokassetten mit Filmen, die aus dem westdeutschen Fernsehen aufgenommen waren, untergruben das kommunistische Regime bereits in den Achtziger Jahren. Bis 1989 wusste jedoch allein Radek Pilař, dass dieses Material für künstlerische Werke geeignet war. Die er-sten Videokameras beschafften sich tschechische Künstler in Italien. Einige von ihnen stellten jedoch zu Hause fest, dass man sie reingelegt hatte. Den Betrügern hatten sie gutgläubig nicht funktionierende Kameramodelle aus Holz abgekauft. Trotz solcher Schwierigkeiten war der Vormarsch des Videos unaufhaltsam. Die Künstler hielten es lange Minuten aus, in den Sucher der Kamera hineinzugucken. Diese Perspektive erlernten mit der Zeit auch die Zuschauer, wenn auch mit weniger Geduld. Mitte der Neunziger Jahre begannen Künstler in Tschechien mit Computern zu arbeiten. Diese drangen bereits früher zu uns vor, doch die Nadeldrucker hatten für den Druck von Bildern eine zu schlechte Qualität. Erst in Verbindung mit dem theoretischen Erbe Vilém Flussers und dem Programm Photoshop begann klar zu werden, wie man Computer für die bildende Kunst richtig einsetzen kann. Die Digitalisierung des Bilds verlief jedoch nicht reibungslos. Tomáš Mašín hörte auf, Kunst zu machen, und wechselte zur Reklame, Federico Diaz zur Religion. Mit den neuen Medien arbeiten heute systematisch vor allem Elen Řádová, Štěpánka Šimlová, Jana Vidová-Žáčková, Markéta Baňková und Radka Müllerová. Regression Der Putsch der ODS im Jahr 1997 bedeutete eine Festigung der heimischen politischen Verhältnisse. Mit ihrem Programm der Annäherung an den Westen wurde das Ehepaar Ševčík nun als zu linksgerichtet wahrgenommen, auch ihr Engagement in der kommerziellen, wenn auch nicht gewinnorientierten Galerie MXM störte. Jiří David nahm nach 1997 wieder eine nichtoffizielle Ausstellung unter dem Titel „Konfrontation“ auf. Dafür warf man ihn aus der Hochschule, untersagte ihm die Ausstellung und druckte seine Artikel nicht mehr in der Zeitung. Deswegen musste er auf eine andere Hochschule, auf dem Wenzelsplatz ausstellen und sich eine andere Zeitung suchen. Aus dem neuen Underground sowie Geldern des Kulturministeriums ging auch die Zeitschrift Umělec hervor. Sie beschäftigte sich mit Marginalien, doch in der Ausgabe 4/2000 bestimmte sie die zehn bedeutend-sten Künstler der Neunziger Jahre. Heute erscheint Umělec auf Tschechisch, Slowakisch, Englisch, Deutsch, Französisch, Russisch, Spanisch und Chinesisch, ungefähr zweimal pro Jahr, wenn die Fördergelder eintreffen. Die Ausstellung zeitgenössischer Kunst CZ 99 mussten die Künstler selbst organisieren. Das fehlende Interesse der vom Staat gesponserten und eingerichteten Kunstinstitutionen am aktuellen Geschehen ermöglichte den Aufschwung der städtischen Volkskunst in den Wohnsiedlungen von Prag. Gleichzeitig wurde wichtig, wer woher stammte und wie er sich gegen die Macht abgrenzte. Beispielsweise zog der aus Ostrau stammende Künstler Jiří Surůvka heimlich nach Prag, wo er fortan vom Image des übersehenen Künstlers aus der entfernten Peripherie profitierte. Eine glühende Diskussion entfesselte die Politisierung der tschechischen Kunst, die von der Tätigkeit der Gruppe Podebal geschürt wurde. Einige sagten, dass politische Kunst nur das illustriere, was wir in der Zeitung lesen können; bestenfalls enthülle sie das, was wir in der Zeitung noch nicht finden. Zwischen Kunst und Publizistik ging es in Wirklichkeit um eine ziemlich einseitige Beziehung: Die Tagespresse widmete der politischen Kunst fast keinen Raum. Konsum und Konzeptualismus Eine weniger kontroverse und allgemein verständliche Thematik bot der Lebensstil der Konsumgesellschaft. So, wie sich Ende des 19. Jh. die Mařák-Schule der Landschaftsmalerei auf die Wiesen in der Umgebung von Okoř stürzte, um in ihnen das Echo ihrer Seele zu finden, so schoben Künstler im Jahr 2000 Einkaufswägen in Einkaufszentren und hofften, zwischen den Haufen von Waren Antworten auf die Widersprüche ihrer Zeit zu entdecken. Das Ergebnis war Entfremdung, manchmal Ratenzahlung und Überschuldung. Die Supermärkte lockten wie entfernte und unbegreifliche Planeten, wo sich exotisches Material auflesen ließ. Mit der alltäglichen Wirklichkeit hatten sie jedoch nur wenig gemeinsam. Das Verständnis der marktwirtschaftlichen Sphäre war bei den Künstlern auf einem sehr niedrigen Niveau. Direkt in den Geschäften versuchte nur Krištof Kintera zu verkaufen. Er verkaufte manches, öfter jedoch klaute ihm jemand seine Haushaltsgeräte. Am besten erwies es sich, Logos von großen Gesellschaften zu bearbeiten. Deswegen arbeiteten viele Künstler in Grafikstudios, oder sie waren direkt an der Kreation von Logos beteiligt und hatten das Material gleich zur Hand. Viele ihrer Einfälle wurden auch von avantgardistischen Reklameagenturen wieder verwendet. Die Vereinigung „Kopfloser Reiter“ entstand auf ähnlichen Grundlagen wie die „Dickköpfe“. Ihre Mitglieder gehörten zu den talentiertesten jungen Künstlern, und in der Gruppe konnten sich alle gegenseitig besser kontrollieren. Sie hatten keine gemeinsame Ästhetik oder Programm, vielleicht nur die Neigung zur konzeptuellen Emo-Äußerung und zur Unrasiertheit. Nach dem Jahr 2000 kam in der Tschechischen Republik die konzeptuelle Kunst auf. Ihre Schöpfer analysierten die Sprache der Kunst; das taten sie oft anhand von Texten oder eigenem Schreiben. Diese Analysen waren jedoch schwer zu verstehen, und die konzeptuelle Kunst war niemals beliebt. In englischen Übersetzungen verschaffte sich damit Ján Mančuška international Geltung; das missgönnten ihm viele Leute oder hielten es für ein sonderbares Komplott. Interessant war auch Zbyněk Baladrán. Er kam darauf, dass die Modernität bereits nicht mehr modern war und es sich mit ihr arbeiten ließ wie mit interessanten Antiquitäten. Prag führt Bei dem Jindřich Chalupecký Preis für junge Künstler begannen jene Künstler die erste Geige zu spielen, deren Schaffen nicht nur der Ausstellung, sondern auch der Auslegung bedurfte. Die Öffentlichkeit verwirrte das. Der Ausstellung und Auslegung widersetzte sich lange Kateřina Šedá, aber das änderte sich alles während der finalen Ausstellung für den Preis im Jahr 2005. Šedá gewann, und nun war nichts mehr egal. In dem Projekt, mit dem sie gewann, ging es zwar um Konzeptualismus, aber auch um häusliche Bedürfnisse, was die Betrachter einnahm. Schlechter aufgenommen wurde die Laureatin des Jindřich Chalupecký Preises Barbora Klímová. Sie hatte ihren Einfall, Performances tschechischer Künstler aus den Sechziger Jahren erneut durchzuführen, von Jiří David gestohlen, was Ivan Martin Jirous herausfand und kritisierte. Nach der Jahrtausendwende hatten die Künstler im Grunde zwei Möglichkeiten des Lebensunterhalts: beim Film zu arbeiten oder typische Bilder zu malen. Die Mutigeren versuchten sich im Ausland durchzusetzen, aber das war viel Arbeit. Glücklicherweise fand die Tschechische Republik zurück auf die Landkarte der internationalen Kunst, denn einige hier gezeigte Überblicke über die internationale Kunst waren nicht zu übersehen. In Prag spaltete sich 2005 die Internationale Biennale der zeitgenössischen Kunst auf. Die Natio-nalgalerie und die Zeitschrift Flash Art, die ursprünglich bei diesem Projekt zusammenarbeiteten, richten heute jeder für sich eine Biennale aus: Die Nationalgalerie alle drei Jahre, Flash Art jeden Sommer. Beide Organisatoren versichern, dass ihre Veranstaltung das bedeutendste Ereignis für die zeitgenössische Kunst in Europa sei. Skeptiker sagen jedoch, dass nur einer von ihnen Recht haben kann. Neben diesen Veranstaltungen entstand in Prag eine Reihe kleiner, unabhängiger Galerien, die von Künstlern allein geführt und oft auch finanziert werden. Sie möchten nämlich ausstellen, und solange sie nicht den Weg nach Brünn oder České Budějovice auf sich nehmen, geht es in Prag nicht anders. Diese Situation hat aber auch ihren erzieherischen Effekt: Weitaus mehr Künstler sind sich bewusst, wie Kunstinstitutionen funktionieren. Eine besondere Stellung unter den kleinen Galerien erwarb sich Display. Deren Räume befanden sich nämlich unweit der Metro, und die Gründer, junge Künstler und Kunsthistoriker, bewarben sich um Fördergelder. Die Initiative Tranzit erhielt Geld von der Ersten Bank, mit dem sie Bücher gegen das System herausgab. Tranzit und Display vereinigten sich; überdies schufen der Leiter von Tranzit Vít Havránek und der Mitbegründer von Display Zbyněk Baladrán das „Monument der Transformation“. Jeder kannte jeden. Aktuelle Genres Einen neuen Trend in der zeitgenössischen Kunst definierte in den Jahren 2006‑7 die einige Male verlängerte Ausstellung Věčné stavy (Ewige Zustände) des Kuratoren Václav Magid. Die vorgestellten Künstler verwendeten in ihren Werken ausschließlich wahre Dinge, keinesfalls jene falschen. Diese Dinge verwiesen bei Betrachtung der Welt auf die Übereinstimmung mit sich selbst, was für binokular wahrnehmende Wesen nicht immer ganz einfach sein muss. Für die Künstler begannen Begriffe wie „Alltäglichkeit“, „Inventur“, für einige auch „Arbeit“ eine große Rolle zu spielen. Die neue Welle spülte Dominik Lang auf einen Platz an der Sonne. Ähnlich wie ein pfiffiger Handwerker sich auf entwaffnende Weise auszudrücken versteht, weil dies oder jenes nicht funktioniert und er es nicht repariert und es so eigentlich viel besser ist. Die Ausstellung Vyleštěný model (Poliertes Modell) wurde von ihm kuratorisch vorbereitet, der hinkende Effekt jedoch war nicht so akkurat artikuliert wie in der Ausstellung von Magid – er verflüchtigte sich. Eine feste Position hat im neuen Jahrtausend auch die Malerei, die nicht tot ist. Ihre Rückkehr begann mit der Ausstellung Poslední obraz (Letztes Bild) der Kuratorin Milena Slavická im Jahr 1998. Es folgten die Expositionen Perfect Tense (2003), Typický obraz (Typisches Bild; 2003), Poctivým štětcem (Mit ehrlichem Pinsel; 2005), Nová trpělivost (Neue Geduld; 2007), Resetting (2007) und Nový perfektní obraz (Neues perfektes Bild; 2008). Nach dem Jahr 2000 wurden so zu den wichtigsten Genres der bildenden Kunst die Malerei und der Videoclip. Die junge Generation der tschechischen Künstler lehnte die komplizierte Kunst ihrer sektiererischen Vorgänger ab, denen es nicht gelungen war, die Öffentlichkeit mit etwas anderem als mit Proklamationen voller Tippfehler anzusprechen. Sie schätzte vor allem gute Ölbilder mit romantischen Themen und Videos, deren Autoren das Verschlüsseln beherrschten und ungezwungen mit After-Effects arbeiteten. Die tschechische Kunst wird gegenwärtig immer öfter auch im Ausland ausgestellt. Beispielsweise schnitt Hynek Martinec im Wettbewerb um den BP Portrait Award besser ab als alle anderen jungen Künstler aus der ganzen Welt.
01.01.2008
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04.02.2020 10:17
Letošní 50. ročník Art Basel přilákal celkem 93 000 návštěvníků a sběratelů z 80 zemí světa. 290 prémiových galerií představilo umělecká díla od počátku 20. století až po současnost. Hlavní sektor přehlídky, tradičně v prvním patře výstavního prostoru, představil 232 předních galerií z celého světa nabízející umění nejvyšší kvality. Veletrh ukázal vzestupný trend prodeje prostřednictvím galerií jak soukromým sbírkám, tak i institucím. Kromě hlavního veletrhu stály za návštěvu i ty přidružené: Volta, Liste a Photo Basel, k tomu doprovodné programy a výstavy v místních institucích, které kvalitou daleko přesahují hranice města tj. Kunsthalle Basel, Kunstmuseum, Tinguely muzeum nebo Fondation Beyeler.
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