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Lukáš Karbus
Zeitschrift Umělec
Jahrgang 2008, 1
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Lukáš Karbus

Zeitschrift Umělec 2008/1

01.01.2008

Jiří Ptáček | vorgestellt | en cs de es

Als Lukáš Karbus die Malklasse Martin Mainers an der Brünner Fakultät für Bildende Kunst verließ, kehrte er in das Dorf Pihel zurück, nicht weit der Stadt Česká Lípa im Sudetenland. Er gründete dort ein Unternehmen und wurde zum Mitinhaber eines Sägewerkes. Zurzeit pflanzt er japanische Pappeln – eine schnell wachsende Baumart, die zur Herstellung von Biomasse genutzt wird. Er malt abends nach der Arbeit.
Karbus als nordböhmischen Bauern vorzustellen, machte keinen Sinn, wenn sich dies nicht positiv in seiner Kunst widerspiegelte. Einerseits begann er erst mit dem Weggang aus Brünn, zu dem es – um genau zu sein – noch vor dem Ende seines Studiums gekommen war, die Herstellung von Aquarellen kontrolliert voranzutreiben. Sie war bis zu diesem Zeitpunkt sporadisch geblieben. Die flüchtigen Anmerkungen seiner geistigen Bewegungen wichen dem konzentrierten und zeitlich aufwendigen Komponieren des Bildes. Außerdem wurde er in den Aquarellen, die für seine Diplomarbeit (2007) und während des darauf folgenden Jahres entstanden, auf die Landschaft um Česká Lípa aufmerksam. Immer wieder zeichnet er den bergigen Horizont, manchmal ergänzt er ihn mit einer kristallinen Struktur, inspiriert von den sechsseitigen Basaltsäulen der Herrenhausfelsen (Panské skály). Aus den Wiesen können auch Blumen auf seinen Stillleben hervor sprießen, so anders als die Blumen aus den Blumenläden der Stadt.
Auf den ersten Blick ist natürlich klar, dass es sich nicht um eine Topographie der Landschaft handelt. Mit der Verdrängung alles Gegenwärtigen befreit Karbus die Zeichnungen von der Verbindung mit einer bestimmten Zeit, und er verknüpft konkrete Fragmente frei zu einem fiktiven Ganzen. Er bemüht sich dabei, eine breite künstlerische Palette zu verwenden – das sorgfältige Auszeichnen der Details, das Dekorieren mit geometrischen Bordüren, Seite an Seite mit großen einfarbigen Flächen. Die Kraft der Phantasie balanciert er mit einem bedachten Zugang zur kompositionellen Gliederung aus.
Außerhalb des Mainstreams der visuellen Kultur zu stehen, ist nicht Karbus’ Ziel, sondern Bedingung seines authentischen Standpunktes im künstlerischen Schaffen. Die Institutionen reden zu lassen, Bilder aus dem Gedächtnis und starken sinnlichen Erlebnissen zu schöpfen und die Freude am Prozess des Zeichnens nicht zu verstecken, sind für ihn sehr wichtig. Er sagt, dass er auf dem Dorf Zeit zum Betrachten hat und dass er Betrachten für wichtiger hält als „Machen“. Er ist kein Autodidakt, aber er hat sich entschieden, sich abseits zu positionieren. Die „Klausur“ unterbricht er nur durch gelegentliche Ausstellungen. Nach der Show in der vor kurzem geschlossenen Galerie Eskort stellte er in diesem Jahr in der Galerie Kabinet aus, beide in Brünn. Zudem erwartet ihn dieses Jahr noch eine Ausstellung in der Prager Galerie A.M.180. Weiterhin bleibt er Mitglied der Gruppe Punkwa, die aus Studenten und Absolventen von Mainers Malklasse besteht.

www.punkwa.com







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