Zeitschrift Umělec 2005/3 >> Auf halben Weg bleiben? Da bleibt nur noch die Hälfte zum Ziel übrig. Noch nicht geschafft? Aber schon auf halbem Weg zum Ziel! Übersicht aller Ausgaben
Auf halben Weg bleiben? Da bleibt nur noch die Hälfte zum Ziel übrig.  Noch nicht geschafft? Aber schon auf halbem Weg zum Ziel!
Zeitschrift Umělec
Jahrgang 2005, 3
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Auf halben Weg bleiben? Da bleibt nur noch die Hälfte zum Ziel übrig. Noch nicht geschafft? Aber schon auf halbem Weg zum Ziel!

Zeitschrift Umělec 2005/3

01.03.2005

Jiří Ptáček | info | en cs de es

Der aus dem Dach des Hauses Zur Steinglocke dringende Rauch hätte einen zufälligen Beobachter erschrecken können. Das gotische Denkmal war jedoch nicht von einem Brand ergriffen worden. Unter den achtsamen Augen der Feuerwehr hat hier Jana Kalinová experimentell eine künstliche Wolke geschaffen.
Weißes Gas stieg durch ein durchsichtiges Rohr mehrere Meter über den Dachfirst und umhüllte eine Traube von Luftballons. Der Wind störte die Illusion einer Wolke, er trennte das Gas von den Ballons und verteilte es in der Luft. „Ich halte dies nur für eine Skizze. Für eine befriedigende Darstellung gab es keine geeigneten Bedingungen“, bewertete Kalinová den Verlauf der Veranstaltung, deren Ergebnis eher einer Rauchfackel ähnlich war.
An einer Lösung der technischen Fragen, die es ihr ermöglichen würde, eine kleine, möglicherweise frei manipulierbare Wolke zu schaffen, arbeitet sie schon seit mehr als einem Jahr. Der Kurator der Biennale junger Kunst „die Glocke“, Karel Císař hat sie aber als erster dazu gebracht, ihre Entwürfe in der realen Umwelt zu testen. Die Zuschauer waren Zeugen eines Versuchs, der die Gültigkeit einer Theorie entweder bestätigen oder widerlegen sollte. Da die ungewöhnliche Schau nicht stattfand und die Wolke nur von weitem als eine solche erschien, konnten sie enttäuscht nach Hause gehen.
Bei Jana Kalinová kreuzen sich zunehmend die Imagination und die Wissenschaft. Die fixe Idee eines Kunstwerkes führt sie zur allmählichen Entdeckung der physikalischen Gesetze und Vorgänge, wie etwa dem Versuch, selbst eine so nutzlose Simulation wie die einer künstlichen Wolke zu realisieren. Könnte dies ein ironischer Kommentar zur politischen Parole alter Kommunisten:„wir befehlen dem Wind und Regen“ sein? Oder eine Bestrebung, sich vom Druck der Ökonomen und Politiker abzuwenden, unter dem sich die wissenschaftliche Forschung hauptsächlich an konkreten Problemen der heutigen Gesellschaft ausrichten muss? Oder ist es ein Versuch, zu prüfen, inwieweit ein Amateur die Fragestellungen, die die Wissenschaft mit Ihrem breiten Tätigkeitsbereich in ihren Forschungen vergessen hat, untersuchen kann? Gibt es eine Parallele zu den Pioniertaten der ersten Automobilisten und Aviatiker, die auch nicht erklären konnten, wozu ihr Forschen nützlich sein kann, und die trotzdem nicht aufgaben? Eine Rückkehr zu den alchimistischen Wurzeln der Erkenntnis? Ein Memento?
Die Arbeit von Jana Kalinová ruft eine Reihe von Fragen hervor, über die man schon jetzt nachdenken kann.
Deshalb kann die nicht gelungene Wolke als die beste Intervention der letzten Jahre im öffentlichen Raum Prags gelten. Zur Lösung der aufgetretenen Probleme beizutragen ist nun sicher auch eine Herausforderung für die Experten, die sich mit den Eigenschaften von Gas auskennen. Wenn sie eines Tages im Schatten einer mobilen Wolke ruhen, werden sie vielleicht den Künstlern danken, welche die Utopien nicht verdammt haben.




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