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Petra Pětiletá: Catching the Beauty
Zeitschrift Umělec
Jahrgang 2011, 1
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Petra Pětiletá: Catching the Beauty

Zeitschrift Umělec 2011/1

01.01.2011

Alena Boika | in transition | en cs de

Georgij Ivanov und seinem Der Zerfall das Atoms gewidmet.


Jeden Morgen, wenn ich aus dem Fenster blicke, sehe ich
Petra Pětiletá, wie sie den Hang hinaufrennt. Manchmal denke ich, dass sie mir absichtlich auflauert, um mit ihrem ungestümen Lauf zu beginnen, sobald ich ans Fenster trete. Der Lauf endet übrigens immer auf die gleiche Weise: Ihre rote Mütze verschwindet hinter dem Horizont. Es bleibt ein augenblickliches, helles, für eine Minute aufleuchtendes und den ganzen Tag anhaltendes Gefühl eines Feiertags zurück. Ein Gefühl, aus dem man nicht klug wird, zu dem man aber wieder und wieder zurückkehrt in dem Versuch, es noch einmal zu erleben, wenn man es schon nicht verstehen kann.
Auch Petras Kunst hinterlässt ein bestimmtes Gefühl: Vor allem möchte man sie anschauen. Das Erstaunlichste an ihren Arbeiten ist, dass sie sich noch immer und unaufhörlich über die Menschen wundert. Und dieses Erstaunen drängt zu dem Spiel, in dem der überraschte Betrachter hingerissen kleine Stücke aus dem Leben der Personen ihrer unzähligen und immer sehr am Menschen orientierten Projekte durchlebt, die die hypothetische Idee einer Teilung des Lebens von der Kunst a priori ablehnen.
Diese Verwunderung scheint der grundlegende Wunsch zur Veränderung und Verbesserung der Welt zu sein, der Wunsch nach einer Welt, in der es keine „kleinen Leute“ gibt, und der ein „einfacher Mensch“ nicht als uninteressant gilt. Einer Welt, in der in jedem Augenblick des Alltagslebens ein Wunder geschieht. Das Streben nach Wundern und Umwandlungen tauchte schon in ihren frühen Arbeiten auf (s. Umělec 3/2004), als sie Fotos aus Katalogen von Tourismusagenturen mit ihren Abbildungen ersetzte oder in der Position der wichtigsten Pro-
tagonistin einer romantischen Szene eines Films mit einer Liebeserklärung erschien. „Du kannst auch dort sein“, sagte sie wörtlich allen träumenden und zweifelnden schlaftrunkenen Mädchen, und bekundete freimütig, Glaube und Vorstellungskraft seien die wichtigsten Mittel zur Umwandlung der Welt.

Beautiful people:

Die Mädchen, die sie heimlich und aufmerksam über eine ziemlich lange Zeit hinweg beobachtet hat, gehören nicht zu den Zweifelnden. Obwohl – vielleicht waren es gerade ihre Zweifel und gewissen Komplexe, die sie in ein Porno-Studio führten, wo Petra das Glück hatte, arbeiten zu können. Natürlich benutzte niemand den direkten und rohen Ausdruck „Porno“, wie alles mit dem Strom Schwimmende und Undeutliche nannte man es „Design-Studio“. Petra erzählte, dass ihr die Arbeit anfangs sogar gefiel: Sie hatte ihr eigenes Büro mit kleinem Balkon auf der Sonnenseite, auf den sie mit einer Tasse schmackhaften Kaffees zum Rauchen hinausgehen konnte, mit schmachtendem, zerstreutem Blick in den paradiesischen Garten blickend. Dieser Moment an Luxus erlaubte ihr, ihre momentane Beschäftigung mit Abstand zu betrachten – die Redaktion und das Schneiden von Videos.
Wenn jemand ein Geschäft betritt, sagen wir Günstige Bücher1, und einen Pornofilm kauft, kann er sich die Bilder, die vom Redakteur herausgeschnitten wurden, kaum vorstellen. Befangenheit, Zweifel, Furcht, Scham und Verzweiflung verbleiben im Off. Doch das hat Petra gesehen, als sie mit dem gedrehten Material arbeitete. Und genau das wurde zur Grundlage ihres Projekts Community Concepts (2006), benannt nach dem Namen des größten Herstellers von Porno in Tschechien, für den sie fast ein Jahr lang arbeitete. Das Projekt besteht aus mehreren, sich gegenseitig ergänzenden Teilen und kann in einer logischen Abfolge betrachtet werden.
Die Fotoserie ID zeigt im Großformat aufgenommene Mädchen, die in die Kamera lächeln, während sie ihre aufgeklappten Personalausweise zeigen. In der Regel sehen wir auf dem Ausweis sehr junge Mädchen, ohne Kosmetik und Make-up, während ihre Besitzerinnen schon völlig anders aussehen – genau so, wie das Business dies erfordert. (Während ich schreibe, ist Petra zu außerordentlicher Stunde den Hügel hochgelaufen und hat sich versteckt, von ihr bleiben ein roter Mantel, ein hellblauer Schal und eine schwarze Tasche mit weißen Tupfen. Die Wahrheit ist irgendwo daneben).
Nothing is too hot ist eine Videoarbeit, die die erste Erfahrung von Mädchen zeigt, die eingeladen wurden, sich in der Porno-Industrie auszuprobieren. Wir sehen, wie sie ankommen. Mit romantischen, verträumten Gesichtern steigen sie aus der Tram ins Auto und sehen sich schon als zukünftige Stars des großen Kinos (unwichtig, dass die anstehenden Proben nicht ganz aussehen wie großes Kino, schließlich muss man doch immer klein anfangen). Dabei entgeht dem Betrachter nicht, dass sie unabhängig und selbstbewusst erscheinen möchten, und wie sich ihr Benehmen verändert, sobald sie allein sind. Sie wissen nicht, dass sie gefilmt werden. Und so sehen wir, wie sie sich auf die Lippen beißen, wie sich ihr Blick verliert, wie befangen ihre Bewegungen werden. Und dann erscheint der sonnengebräunte Held, klopft mit freundschaftlicher Hand auf die jugendlichen Knie: Es ist Zeit, sich auszuziehen und nach den Regeln zu spielen, die jede von ihnen annimmt, wenn sie herkommt.
Eines Tages stieß ich in einer der Wechselstuben im Zentrum Prags auf eine der Protagonistinnen des Films. Ihr Gesicht schien mir bekannt, ich starrte sie in Gedanken versunken an, während ich in der Schlage wartete. In der nächsten Sekunde erinnerte ich mich, wo ich sie gesehen hatte. Wahrscheinlich drückte sich dies auf meinem Gesicht aus, denn das Mädchen wurde knallrot, flüsterte ihrer Kollegin etwas zu und ging schnell durch die Tür. Mir war seltsam und unwohl zumute, weil mein Gesicht mich verraten hatte, und ich wollte, dass sie sich besser fühlte.
Der nächste Teil des Projekts ist eine Serie von Fotos, die durch die lakonische Bezeichnung Design Studios miteinander verbunden sind. Auf diesen Aufnahmen hat der Fotograf, ohne sich besonders zu bemühen, gepuderte Arbeiter in verschiedenartigen Kostümen festgehalten. Es gibt dort viel Glanz und Farbe, doch kein Leben mehr. Es ist nur eine Hülle geblieben, die als etwas ausgegeben werden soll, das ein Bedürfnis hervorruft. Am lebendigsten wirkt eine Aufnahme von durchsichtigen Frauenschuhen, die am Rande eines Schwimmbeckens stehen und durch die sich das Licht der fröhlich scheinenden Sonne regenbogenfarbig bricht. Diese Fotoaufnahme hat der Leiter des Unternehmens vor einer der vielen Vorführungen selbst gemacht. Er freute sich sehr darüber und sagte zu allen: „Schaut, wie toll es geworden ist!“ Vielleicht hat sich in diesem unraffinierten Streben nach Schönheit die Essenz seines Bedürfnisses gezeigt – das Atom des Lebens zu finden, zu entdecken und zu spalten. Vielleicht schien ihm, dass er sich dem Leben für einen Augenblick nähern kann, indem er die einfachsten menschlichen Wünsche präpariert. Es ist nicht gelungen – es gibt immer noch mehr Leben in Schuhen als in aktiv stöhnenden und posierenden Mädchen. Die Unruhe, das Atom des Lebens zu finden, zu erkennen und zu spalten, geht jedoch nirgendwohin verloren … „und das Schiff fährt weiter“.
Ich glaube, dass Petra diese Fotografien genau auf diese Weise wahrnahm. Ihre Arbeit Kosmos (2007) kann man als originelle Antwort auf eine ähnliche Unruhe verstehen, die eine überspitzte Metapher des menschlichen Strebens ist. Im kurzen (oder ewig sich in Endlosschleife wiederholenden) Video passiert auf den ersten Blick überhaupt nichts Auffälliges. Es ist ein einfaches Bild, das problemlos als Bildschirmschoner für Windows genutzt werden könnte, der schwarze Leib des Kosmos, in dem sich große und kleine Planeten bewegen. Doch schauen Sie genauer hin: Was sind das für Planeten? In kleinen, mitunter kaum erkennbaren Kreisen sehen wir das Peinlichste und Natürlichste, was man schon nicht mehr spalten kann – den einfachsten und physischen Kern des Geschlechtsakts. Hier gibt es keine Protagonisten und keine Liebe, keine Moral und keine Unmoral, es gibt nur die einfache Bewegung des Lebens selbst und das Streben, diesen einzigen Sinn zu erfassen. Das war die Arbeit, die in Bezug auf Reinheit und Klarheit der Aussage in der skandalösen Ausstellung Sexismus? von 2008, in deren Rahmen sie zum ersten Mal gezeigt wurde, den größten Eindruck auf mich gemacht hat.
Eine weitere Arbeit, die Petra extra für diese Ausstellung vorbereitet hatte, war Martin Splash is in front. Dieses Video war in einer speziellen Box hinter schwarzen Vorhängen versteckt. Indem der Zuschauer die Vorhänge öffnete, gelangte er in einen Paradiesgarten. Vor dem Hintergrund eines wilden grünen Gewächses sind wunderschöne onanierende Jünglinge mit von Lust verzerrten Gesichtern. Sie greifen nacheinander, werfen die Köpfe in den Nacken und stöhnen, während sie den Höhepunkt erreichen. Das Video ist verlangsamt und wird von einer seltsamen schallenden Musik begleitet, was den Effekt der unerwarteten Entfremdung des fast unbeweglich im Vordergrund posierenden Protagonisten noch verstärkt. Es scheint, dass ihn eben diese Musik, die der Betrachter hört, in Trance versetzt. Doch ist das ein Trick der Künstlerin. Indem seine Aufmerksamkeit an die unbewegliche Figur mit dem entrückten Blick gefesselt wird, gerät der Betrachter selbst fast in Trance.
Ein ähnlicher Effekt des Erwartens und des Vorgeschmacks auf irgendetwas Unklares, das passieren soll (und in der vollen Version auch passiert, allerdings in einer überspitzten und unerwarteten Form), wird in der Arbeit Waiting von 2007 genutzt, die auch den Titel I can’t make it quickly enough trägt. Dort haben sich gepflegte, schöne Mädchen in einen Saal gelegt, die Ankunft der Männer äußerlich ungerührt erwartend. Sie wechseln ein paar Worte, klopfen mit den Schuhspitzen und nippen an Cocktails. All das erinnert entfernt an die Anfangsszene eines meiner Lieblingsfilme, Bal von Ettore Scola aus dem Jahr 1983. Es erscheint ein elegant angezogener Mann und verkündet in einem ungewöhnlich liebenswürdigen und höflichen Ton das Kommen der Männer. Hier endet die Szene aus Bal und es beginnt die Orgie, ein richtiger Porno. Dieser Übergang ist so plötzlich und unerwartet, dass der Betrachter es nicht schafft, sich auf ihn vorzubereiten. Seine Psyche schonend, benutzt Petra verschiedene Effekte, um das Bild „künstlerischer“ und „weniger sichtbar“ zu machen.
Vor einem ähnlichen Hintergrund erscheinen andere Arbeiten wie unschuldige Scherze. In Tarzan (2007) zum Beispiel sehen wir einen amüsanten jungen Mann, der sein Gesicht unsinnig in Falten zieht und angestrengt stöhnt. Der Mensch ist vollständig angezogen und steht in irgendeinem langweiligen Raum. Sein Stöhnen soll die Liebensleidenschaft ausdrücken.
Eine Fortsetzung ähnlicher „lustiger“ Arbeiten ist die Serie Vorwand. Eine Arbeit aus dem Jahr 2007 heißt Eier. Sie wurde dem Publikum vor sehr kurzer Zeit zum ersten Mal im Rahmen der Ausstellung Sex extrem lieblich vorgestellt, die im Herbst 2010 in der Galerie XXX in Louny stattfand. Der Kern dieser Arbeiten besteht darin, dass die Darstellerinnen sich mit irgendetwas dreckig machen, sich begießen oder gegenseitig beschmutzen und nass machen. Ein Video-Ausschnitt aus einem Film, erworben in der oben erwähnten Buchhandlung, bekommt innerhalb der Wände der Galerie einen völlig anderen Klang. Das Absurde ist, dass zwei junge, gut angezogene Frauen gegenseitig an sich Hühnereier aufschlagen, während sie idiotische, doch völlig wahrscheinliche Dialoge führen. Der Ausschnitt gehört in die Reihe der Arbeiten der letzten Zeit, an die man sich am längsten erinnert wird.

Beautiful souls through beautiful songs:

Es mag den Anschein haben, dass der Porno und die damit zusammenhängende Seite des menschlichen Lebens das einzige sind, für das sich Petra interessiert. Doch dem ist nicht so. Gegenstand ihres Interesses und interaktiven Studierens sind die Menschen, so wie sie sind. Das Projekt Turn Me On (2005) ist eine weitere strahlende Bestätigung hierfür. Petra wählte einige Personen aus, die keine Beziehung zur Kunst hatten und schlug vor, ihnen bei der Herstellung eines Clips zu helfen, in dem sie selbst die Hauptdarsteller wären. Jeder wählte ein Lied, das in jenem Moment eine besondere Bedeutung für ihn hatte. Hauptziel auch dieses Projekts war die „Spaltung des Lebensatoms“ – d.h. das Wichtigste, Persönlichste, vor fremder Aufmerksamkeit Versteckte herauszuholen und zu bekunden. Die Autorin nähert sich der intimen Seite der Seele lediglich an, feinfühlig, ohne eine überflüssige Invasion zu erlauben.
Das Projekt wurde abends im Kaffee des Theaters Komödie eingeweiht, wo sich alle Teilnehmer versammelt hatten, um die Freude über die gemeinsam gedrehten Clips zu teilen. Zwei waren nicht unter ihnen: Danek, dessen Song Turn Me On von Norah Jones dem ganzen Projekt den Namen gegeben hatte. Im Film hatte er seine Großmutter aufgenommen, die kurz vor dem Abend verstorben war. Der andere war Rahman aus dem Sudan, der ebenfalls gestorben war und den glücklichen Moment nicht mehr erlebte. Wäre diese dünne Zeile im Nachwort nicht, würde sich der Betrachter niemals die Frage stellen, wie real diese Menschen sind, sondern sich an sie für alle Zeit als Stars des kleinen Kinos erinnern. Und was seltsam ist - der Tod, sein Begreifen, bestätigt das Leben innerhalb kürzester Zeit in der ganzen Fülle seiner erlebbaren Wirklichkeit. Dieser auf verschiedene Weisen bestätigte Pulsschlag des Lebens ist meiner Meinung nach das Wichtigste in Petras Kunst. Nicht zufällig tragen viele Namen ihrer Arbeiten den Ausdruck „Life“ in sich.

Beautiful time:

In einem der Clips des Projekts Turn Me On legt eine Teilnehmerin kleine Steine zu einem einzigartigen Mosaik ihres Lebens zusammen. Zwar steht am Anfang von Petras Arbeit die Malerei, doch ist sie nicht nur einmal zu der Metapher des Mosaiks zurückgekehrt. Was, wenn nicht ein einzigartiges Mosaik, ist SMS (2001)? Das großformatige Gemälde (130 × 170 cm) ist dicht und in natürlicher Größer mit SMS bedruckt, die die Künstlerin bekommen und verschickt hat (2700 Stück). Eine Weiterentwicklung ist das Projekt unter der Bezeichnung Statement. Als Studentin der Kunstakademie in Prag wurde Petra zu einem Studienaufenthalt nach Posen geschickt, wo sie in der Abteilung für Malerei landete, wobei sich niemand Zeit genommen hatte, sie zu fragen, ob sie sich mit Malerei beschäftigen mochte. Die Zeit lief, ein Bedürfnis gab es nicht, doch Petra musste malen. Die Inspiration kam, als sie begann, das Lehrprogramm und Postkarten zu übermalen und später, in England, auch ihren Pass, ihre Versicherung, Kreditkarten und noch ein paar Postkarten.
Damit könnte man die Beschäftigung mit der Malerei für erfolgreich beendet halten und nicht mehr darauf zurückkommen. Doch wir erinnern uns an das Mosaik und vergessen nicht, wie sehr sich Medien und Bedeutungen in Petras Arbeiten überlappen. 2009 konnten wir im Rahmen der Ausstellung Vier Wände, die gemeinsam mit Linda Urbánková vorbereitet worden war, die Evolution ihrer frühen Arbeiten beobachten. Eine von ihnen ist das Graue Puzzle – ein zusammengesetztes Mosaik, das mit unterschiedlichen Grautönen bemalt ist, die sich nur wenig voneinander unterscheiden. Die zweite Arbeit, Work space, ist eine Stickerei, auf der der Monitor der Künstlerin abgebildet ist. Man sieht ihren Desktop mit allen Details und Kleinigkeiten. An diesen zwei Objekten hat die Künstlerin in Riga gearbeitet, wo sie zum ersten Mal in eine unfreiwillige Sehnsucht und Sinnlosigkeit verfiel, nicht aufgrund des eigenen, sondern anlässlich des um sie herum gleichförmig verfließenden Lebens.
Alles in allem führte dies zum Projekt Beautiful Time, das im Rahmen des Festivals Survival Kit 2 (2010) auch in Riga realisiert wurde. Dort kam Petra unter dem Einfluss der allgegenwärtigen Wirtschaftskrise und vor dem Hintergrund der totalen Arbeitslosigkeit auf die Idee, eine Beschäftigung zu finden, die das Leben zumindest einiger Leute farbiger machen sollte, indem es ihm eine Zeit lang eine gewisse Zweckmäßigkeit verlieh, die man ruhig sehen sollte. Sie fand das in seinen Ausmaßen größte (4000 Teile) und seinem Inhalt nach schönste Mosaik, Boticellis Geburt der Venus, setzte eine Anzeige mit der Information in die Zeitung, dass sie Arbeiter brauchte, und wartete. Wie groß war ihre Verwunderung, als sich am angekündigten Tag eine kleine Menge Leute vor der Tür versammelte, die sie hoffnungsvoll anblickten und verkündeten, wer zuerst dagewesen sei. Die Enttäuschung derjenigen, die nicht auf die Liste der Ersten kamen und nicht zur Arbeit eingeladen wurde, kannte keine Grenzen. Die Glückspilze machten sich sogleich an die Arbeit: Ganze Tage setzten sie mühsam – acht und mehr Stunden lang – das Puzzle zusammen. Niemand kam auf die Idee zu fragen, wozu sie das brauchte und was nach der Fertigstellung des Mosaiks geschehen sollte. Als Petra nach zwei Wochen verkündete, dass sie kein Geld mehr habe, um sie zu bezahlen, kamen die Leute trotzdem, weil sie die Sache zu Ende führen wollten. Es gab keine Möglichkeit, das Mosaik zu vollenden, denn Petra musste zurück nach Prag. Doch die Menschen kamen, brachten ihre Kinder zum Helfen mit und sagten, diese Arbeit habe sie glücklich gemacht. Vielleicht war es ihnen gelungen, beim Legen des Mosaiks in sich selbst etwas bisher nicht Erlebtes zu entdecken. Petra selbst sagt, dass sie, als sie sich das Projekt als eine Demonstration einer wunderbar organisierten, aber vergeblichen Arbeit ausdachte, keinen ähnlichen Effekt erwartet hatte und diese Leute sie tief gerührt hätten.

Beautiful children:

Seit langer Zeit arbeitet Petra mit Kindern. Sie bringt ihnen Englisch bei, Zeichnen und freies Denken. Als verwunderlich gebildeter Mensch, der überall Orte für Sprösslinge der Kunst findet, unterstützt Petra auf jede Art und Weise den künstlerischen Drang ihrer Schüler, die sie mit ihrem eigenen Beispiel und durch die Abwesenheit von Regeln und Zielsetzungen inspiriert. Die Sammlung an Collagen, die Ergebnis solchen Schaffens sind, würde den Durchschnittslehrer einer Mittelschule wahrscheinlich schockieren. Was uns betrifft, so bleibt nur, sich zu freuen, dass unter uns solche Blumen wachsen.





1 Levné knihy heißt so viel wie „Günstige Bücher“ und ist eine tschechische Kette von Buchhandlungen, die neben Büchern auch Filme u.a. verkauft.


Aus dem Russischen von Helena Maier.




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