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79.89.09.
Zeitschrift Umělec
Jahrgang 2011, 2
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79.89.09.

Zeitschrift Umělec 2011/2

01.02.2011

Slavs and Tatars | Künstler unter sich | en cs de

Nur durch Solidarität und Geduld
sichern wir unseren Sieg

79.89.09. rückt drei Schlüsseldaten in das Blickfeld: 1979, 1989 und 2009, damit wir die Welt, in der wir leben, besser verstehen. Mit den Feierlichkeiten zum 20-jährigen Fall des Kommunismus im Ostblock zusammentreffend, markierte die Finanzkrise im Jahr 2009 einen weiteren bedeutenden Wandel, nicht nur für den Geldbeutel, sondern hoffentlich auch in jedermanns Bewusstsein. Während es eher schwierig ist, die Gegenwart oder jüngste Vergangenheit zu interpretieren, wird die Geschichtsschreibung wohl kaum der Skrupel plagen, die Finanzkrise des frühen 21. Jahrhunderts mit dem Fall des Kommunismus zum Ende des 20. Jahrhunderts gleichzustellen. Und vielleicht würden wir die Gewichtigkeit des früheren Ereignisses, dem Zusammenbruch des Kommunismus im Jahr 1989, besser verstehen, wenn die USA in, sagen wir mal, 50 verschiedene Länder aufgeteilt worden wäre, so wie sich die Sowjetunion in mehrere unabhängige Staaten zerbröselt hat.
1979 mag manch einen noch weniger offensichtlich treffen: Wie auch immer, die Iranische Revolution jenes Jahres sagte viele der wichtigsten (wie auch weniger wichtigen) geopolitischen Themen, die die Welt heute beschäftigen, voraus. Von politischen Thinktanks der USA und Europas nach der Russischen Revolution von 1917 als das zweitwichtigste Ereignis des 20. Jahrhunderts betrachtet, hat die Iranische Revolution von 1979 eines der wichtigsten Ereignisse des späten 20. und des frühen 21. Jahrhunderts ausgelöst: den revolutionären Islam.
So wie die Geschehnisse von 1917 die Welt für mehr als die kommenden 70 Jahre bestimmten, prägte der Neubeginn der islamischen Theokratie nach mehr als tausend Jahren als wohlmöglich letzte wirkliche moderne Volksrevolution die folgenden 30 Jahre. Die Debatte über die Kompatibilität des Islams mit der Moderne, die Realisierbarkeit des Islams als politische Form und sogar solche Themen wie das Martyrium haben die Aufmerksamkeit der nichtmuslimen Welt erstmals 1979 auf sich gezogen und, zur Freude oder zum Leid, den Äther seither nicht mehr verlassen.

Mohammed Reza Pahlavi, Iranischer Schah mit der Kaiserin Farah (links), 1979. Abgerissene Statue des Schahs (rechts)

Der kleinschwänzige Pfau
Nichts konkretisiert die Geschwindigkeit des Falls des Schahs besser als die 2500-Jahresfeier der Iranischen Monarchie, auch Pfauenthron genannt, aus dem Jahr 1971. Es wurde an nichts gespart, als die klimatisierte Zeltstadt auf dem Feld zu Persepolis aufgebaut wurde, der Stätte der zeremoniellen Hauptstadt des Achämenidenreiches in der Nähe von Shiraz im Südiran. Für das Catering sorgte Maxim’s aus Paris – gerösteter Pfau gefüllt mit Gänseleber inbegriffen – Limoges stellte die Tischgedecke und Lanvin die Uniformen für die königlichen Bediensteten. 250 rote Mercedes-Benz-Limousinen transportierten Hunderte von Präsidenten, Minister und Adelige zu dem Ereignis, das das Schwanenlied von Pahlavis Dynastie werden sollte.
Innerhalb von acht Jahren sollte der Schah aus dem Lande flüchten, Chomeini aus seinem Exil in Neauphle-le-Château zurückkehren, das iranische Geiseldrama sollte die Carter-Regierung in die Knie zwingen und die erste islamische Theokratie nach über tausend Jahren entstehen.

Margerite Duras (links), Ruhollah Chomeini (rechts)

Währenddessen in Neauphle-le-Château …
Nach über zehn Jahren im türkischen und irakischen Exil verbrachte Chomeini einige Zeit in Neauphle-le-Château, einer Vorstadt von Paris wie aus einem Werbeprospekt. Dort rannte er einer Legende zufolge im lokalen Lebensmittelladen desöfteren Margerite Duras in die Arme. Die beiden sollen sich über die Vorzüge bestimmter Pastasorten unterhalten haben. Es lässt einen schmunzeln, wenn man sich die Feministin und Kommunistin Duras Schulter an Schulter mit Chomeini vorstellt, dem Mann, der vor allem als exemplarischer Antifeminist und Antikommunist gilt.

Carter vor dem Sprung ins Haifischbecken (links), Chomeinis triumphale Rückkehr nach Teheran (rechts)

Raus/Rein
President Carters Niederlage gegen Ronald Reagan, der den größten Wahlvorsprung erlangte, war größtenteils durch das 444 Tage währende iranische Geiseldrama verschuldet. Carters Unfähigkeit, die Krise zu lösen, entblößte ihn als schwachen Führer. Wohl am unheimlichsten aber war der Zeitpunkt der Geiselerlösung – eine Stunde vor Reagans Inauguration als Präsident am 20. Januar 1981.
Chomeinis „Krönung“ konnte schon lange vor seinem Machtanstieg in den frühen Tagen der Iranischen Revolution vorhergesagt werden. Seine Rückkehr an Bord einer Air-France-Boeing – er wurde übrigens vom Piloten persönlich zum Rollfeld eskortiert – hatte die symbolische Kraft, diesen Mann, der öffentlich von der Monarchie verdammt worden war und dessen Sohn von der Geheimpolizei des Schahs ermordet wurde, endlich und redlich zu Recht kommen zu lassen, nachdem er über 15 Jahre im Exil verbracht hatte.

Eine Schah-Anhängerin (oben), ein Chomeini-Anhänger (unten) und Slogans der Pro-Green-Bewegung auf damaligen Geldscheinen – Wo ist meine Stimme?, Lang lebe Moussavi und Tod dem Regime, das Menschen täuscht

Geld: 1979/2009
Geld geriet oft zur Plattform des zivilen Aufstands. Anhänger des Schahs hielten sich an die Währung, auf der sein Porträt abgebildet war, während die oppositionellen Chomeini-Unterstützer das Bildnis durch das von Chomeini ersetzten.
Bis heute wird Geld als Medium des Protestes benutzt. Auf geläufigen iranischen Banknoten, wie die 20 000-Rial-, 2 000-Toman-, 50 000-Rial- oder 5 000-Toman-Noten, die einem Wert von etwa zwei bis fünf Dollar entsprechen, findet man oft die Slogans des Präsidentschaftswahlenprotestes von 2009 geschrieben: Wo ist meine Stimme?, Lang lebe Moussavi und Tod dem Regime, das Menschen täuscht

Qaderi Derwisch aus Kurdistan

Metaphysik versus Material
Die Iranische Revolution ist die erste und einzige Revolution der modernen Ära, die eine metaphysische Tagesordnung geltend gemacht hat. Revolutionen sind zum Scheitern verurteilt, was jeder bestätigen kann, dem der Ablauf der Französischen oder der Russischen Revolution auch nur entfernt geläufig ist. Es ist eine Sache, bestimmte Versprechen vorzubringen – egal, wie erhaben diese auch sein mögen, wie z. B. eine proletarische Regierung, die Abschaffung der Monarchie etc. – und eine ganz andere, wenn das Einzulösende – Heil, Erlösung und Ähnliches – vollständig von der materiellen Welt unabhängig ist. Dies wirft die Frage auf: Ist es ein Geniestreich oder eine bombastische Dummheit, den Erfolg so zu definieren, dass er auf dieser Welt auf keinen Fall erreicht werden kann?

Qaderi Derwisch aus Kurdistan

Theokratie = Gesetze Gottes = Mystik
Republik = Gesetze des Menschen = Material

Die jüngsten Unruhen im Iran, die auf die Präsidentschaftswahlen von 2009 folgten, können auf den eigentlichen Ursprung und den Namen des Landes selbst zurückgeführt werden. Im Namen Islamische Republik Iran sind zwei sich widersprechende, sich gegenseitig fast ausschließende Regierungsphilosophien enthalten: Die Gesetze Gottes in einer Theokratie und die Gesetze des Menschen in der Republik. Nur einmal, als sich das Trauma des Iran-Irak-Krieges gelegt hatte und das Land zur Normalität zurückgekehrt war, trat dieser Widerspruch an die Oberfläche, nämlich zu Beginn der Regierungszeit des reformatorischen Präsidenten Khatami. Heute wächst dieser Widerspruch und entzieht der Islamischen Republik ihre Legitimität. Die Reformisten (Moussavi, Rafsanjani) wollen das Land in die Richtung eines republikanischen Modells treiben, in dem der Wählerschaft zumindest eine kleine Verantwortung liegt, während die Hardliner (Präsident Mahmoud Ahmadinejad, der oberste geistliche Führer Ayatollah Khameinei) ihren Glauben an eine puristischere Theokratie, in der öffentliche Teilnahme oder Verantwortung nicht nötig ist, verstärkt haben.

Zwischen 79.89.09., Edition 47 aus 100, 2009

Die Wahl, nicht zu wählen
Slavs and Tatars hat Between 79.89.09. erschaffen, um aktiv nicht zwischen Osten und Westen, dem Politischen und dem Persönlichen, dem Analytischen und dem Affektiven zu wählen. Jede Edition enthält eine andere Aussage eines Derwischs. Diese hier lautet: EINST SAGTE EIN DERWISCH: ZWISCHEN WESTLICHER ANFEINDUNG UND ÖSTLICHER UNTERWERFUNG WÄHLE ICH: EIN NICKERCHEN.
Einige andere lauteten: EINEN GLIMMSTENGEL, EINE COLA, EINE HERMES-TASCHE etc.

Frau bei einer Ashura-Zeremonie, Shariati Avenue, Teheran, 2009

Bargeld-Aufnahmen, der Moharram-Stil
Während der Westen darin übereinstimmt, dass die Iranische Revolution eine reaktionäre Revolution war, könnte man das Ganze von hinten betrachten, oder ganz umgekehrt. Im späten 20. Jahrhundert eine Theokratie wiederzubeleben, also eine Regierungsform, die über tausend Jahre nicht existierte, könnte an sich als radikaler Akt angesehen werden.


Imam Ali, auf ein Wasserreservoir gemalt, in der Nähe von Chak-Chak, Iran

Die Antimodernisten sind nicht antimodern
Antoine Compagnon beschreibt in seinem Buch Les Antimodernes von 2005 die wahren Modernisten nicht als Utopisten, die nur nach vorn schauen (vgl. Vladimir Mayakovsky, F. T. Minetti), sondern eher als „Anti-Modernisten“, als irgendwie widersprüchliche Visionäre, die vom Ende der prämodernen Zeit schwer angeschlagen sind. Wie Sartre über Baudelaire sagte, jene, die immer mit dem Blick in den Rückspiegel vorwärts gehen.
Walter Benjamin verwendet in seinem Engel der Geschichte einen ähnlichen Satz, mit dem Rücken in die Zukunft vorstoßend und dennoch in die Vergangenheit blickend, so wie es die Malagesen in ihrer Sprache tun. Im Gegensatz zu den meisten westlichen, positivistischen Konzeptionen unserer Zeit verwenden jene Worte wie „zurück“, um die Zukunft zu beschreiben, und „vorne“, um die Vergangenheit auszudrücken. Die Iranische Revolution von 1979 war in jedem Sinne eine anti-modernistische Revolution.

Fortbestand der Revolution … bis zum Ende der Plünderung

Antiimperialistischer Imperialismus
Ähnlich wie die Russische Revolution war die Iranische Revolution von 1979 eine liberalistische Revolutionsidee, die später über ihre Grenzen hinaus gewirkt hat. Es handelt sich um eine sehr interessante Dynamik: Fremde Mächte oder Einflüsse werden des Landes verwiesen, bevor die eigene Ideologie den Äther genau dieser fremden Mächte einnimmt. In diesem Fall haben sich später mehrere Elemente der Iranischen Revolution in der muslimischen Welt verteilt.

Imam Abolfazl (links), Imam Hossein (rechts)

Muslimische Monobrauen? Gut.
Ein etwas weniger erfolgreicher Export ist die Monobraue. Im Iran gilt die Dreifaltigkeit der Augenbrauen, Augen und Wimpern als schönheitsdefinierende Merkmale. Auf den Porträts der schiitischen Imamiten – Hossein und Abolfazl – sehen wir die herausragenden Augenbrauen als Zeichen der Männlichkeit und des Mutes. Bis heute glaubt man im Iran, dass eine Monobraue dabei helfen kann, beim anderen Geschlecht gut anzukommen …

Der ehemalige Gouverneur von Massachussetts und demokratische Präsidentschaftskandidat Michael Dukakis, 1988

Heidnische Monobrauen? Schlecht.
… während im Westen jeder, der jemanden mit Monobrauen als Schulkamerad hatte, bezeugen kann, dass dieser bei den Mädchen, oder natürlich auch bei den Jungs, nicht punkten konnte.

Frieze, Skulpturenpark, 2010

Monobrauen – Heiß.
Slavs and Tatars hat 2010 im Frieze-Skulpturenpark das Monobrow Manifesto ausgestellt, zum einen mit dem persischen Märchenhelden Roustan aus Ferdowsis Shahnameh, beschriftet mit HOT! …

Frieze, Skulpturenpark, 2010

Monobrauen – Scheiß.
… und zum anderen Bert aus der Sesamstraße mit NOT! Die Monobraue ist eine Begleiterscheinung, über die alles angenommene Wissen über den Konflikt zwischen Ost und West entmystifiziert werden kann. Im Westen wurde die Monobraue mit verbrecherischem Verhalten assoziiert (im Viktorianischen England des 19. Jahrhunderts) oder mit Werwölfen (in Frankreich). Im Mittleren Osten und im Kaukasus hingegen ist die Monobraue ein Zeichen für Männlichkeit und Erhabenheit. Das heißt, in den südlichen Gegenden von Eurasien ist die Monobraue heiß, in der USA und Europa aber ganz klar ein Scheiß.

Im Uhrzeigersinn von oben links: Golestan-Palast, Teheran; Geometrische Muster; Zeynab-Schrein, Damaskus; Geometrische Muster

Widerstehe, Gott zu widerstehen
2009 hat Slavs and Tatars ein Werk geschaffen, das von vorn betrachtet wie ein dekoratives Spiegelmuster aussah … aus einem seitlichen Sichtwinkel aber erschien ein etwas mystischer Text: Widerstehe, Gott zu widerstehen.

Navab Safavi, Revolutionsführer von 1924-1955 und Gerasimovs Lenin (Einschub)

1917 versus 1979
Es verlangt eine ziemliche intellektuelle Akrobatik, wenn nicht ein starkes Verlangen, um die eigene Inspiration oder den Einfluss aus der Antithese zu entwickeln. Die Iranische Revolution hat zum Beispiel einen Großteil ihrer visuellen Sprache von der Russischen Revolution abgeleitet, obwohl sie dann, im krassen Gegensatz zum Atheismus der Russischen Revolution, in einer Theokratie verwendet wurde.

Eine Frau zieht vor der Revolution die Blicke der Armee des Schahs auf sich, während sich nach der Revolution verhüllte Frauen von einem Mann abwenden.

Die Revolution – vorher und nachher
Ein in Teheran lebender britischer Journalist bemerkte, dass iranische Frauen, die ohne Schleier aus dem Haus gehen, mit britischen Frauen vergleichbar sind, die oben ohne ausgehen würden.

Vormarsch der Bolschewikenernte

Sozialrealismus: das Proletariat
Während die UdSSR das Proletariat über die Darstellung des exemplarischen, anonymen Arbeiters zelebrierte, endschied sich die Islamische Republik Iran als Produkt ihrer Zeit für den Pathos, mit ausschweifenden Darstellungen individueller Märtyrer.
Georg Bernard Shaw ließ einst verlauten, dass für den Untalentierten oder Hässlichen der einzige Weg, berühmt zu werden, über das Martyrium führt. Unglücklicherweise haben der Iran-Irak-Krieg und das Reality-TV ihren Teil dazu beigetragen, die Anforderungen noch mehr zu senken.

Wandbild am Hemmat Highway, Teheran

Sozialrealismus: das Martyrium
An keinem anderen Beispiel ist dies klarer zu sehen als an dem Fall des 21-jährigen Mazi Mostaffi, der beschloss, in gemeinsamer Mission mit der libanesischen Hisbollah, die Fatwa gegen Salman Rushdie auszuführen, jedoch auf dem Weg an einer Diarrhö starb. Sogar solche erfolglosen, durchfälligen Märtyrer scheinen ihre 15 Meter Berühmtheit zu erlangen.

Pferd, Kermanshah (links), Die Trauben von Wrath, Qazvin (rechts)

Die Unentschiedenheit
Wenn man sich die öffentliche Kunst anschaut, wirkt der Iran eher wie Disneyland oder ein vergrößerter Minigolfplatz. Die Kunst im öffentlichen Raum oder Skulpturen sind, was die Identität eines Landes betrifft, am aussagekräftigsten. Wo die Sowjetunion durch den Sozialrealismus den proletarischen Helden mit monumentalen Skulpturen ehrte, händelt die Islamische Republik Iran dies durch den magischem Realismus.
Man findet weder Statuen von frühen Klerikern, noch wird auf die sichere Karte ikonografischer Romanhelden gesetzt. Die sekuläre Linke wirft den Schutt über den historischen Klerus, welcher mehr oder weniger immer mit den Kolonialmächten zusammengearbeitet hat, während die religiöse Rechte die religiöse Fragwürdigkeit von solchen wie Ferdowsi und Omar Khayyam anprangert. Also findet man stattdessen eine idyllische Fantasiewelt voll von Rehen, Tauben, Pferden, Löwen und Weintrauben. Nichts ist politisch korrekter als Pflanzen oder Tiere in ihrer Ideologielosigkeit. Vielmehr ist es ein dritter Weg, der sogar Blair oder Clinton erblassen ließe.

Die mobile Kirche in Polen


Komm auf eine Beichte vorbei
Während der Schiffswerftstreiks kam die Kirche zu den Protestierenden, um sie mit Gebeten zu unterstützen.

Ikonografisches Solidarność-Poster zur Wahl am 4. Juni 1989

4. Juni 1989
Ein folgenschweres Datum. Zuerst starb in der Nacht zuvor Ayatollah Ruhollah Chomeini, ein großer, wenn auch trauriger Meilenstein für die Iranische Revolution. Was in den Jahren 1978-1979 als wahre Volksrevolution begonnen hatte, war bis zu Chomeinis Tod ein autokratisches Unterdrückerregime geworden. Zum selben Datum wurde in China eine Studentenbewegung auf dem Tiananmen-Platz brutal zerschlagen. Polen hatte zu diesem Zeitpunkt also zwei klare Wege vor sich. Aber anstatt sich für den von Iran oder von China zu entscheiden, entschied es sich für die dritte, unbekannte Route, eine, die Fortschritt und Kontinuität über Radikalismus versprach.

Ein offizieller Versuch, die Zahl der Katholiken herunterzuschrauben, um Polen genauer zu erfassen

Apostasie: Polen
Heutzutage verbreitet sich in manchen Gebieten Polens die Apostasie – die Lossagung von der Religion – als Form des zivilen Ungehorsams gegen die wachsende Rolle der Katholischen Kirche. Von Geburt an werden viele Polen, sogar polnische Juden, in den offiziellen Zählungen automatisch als Christen aufgenommen. Manche werden nur aus Tradition oder aus Angst, nicht hineinzupassen, getauft. Eine neue Generation versucht, das Polentum von der Homogenität der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weg und näher zu dem, was es im frühen 20. Jahrhundert war, zu definieren, nämlich zu einer kosmopolitischeren, vielfältigen Nation.

Emblem der Islamischen Republik Iran, ein stilisierter „Allah“ (oben), Achämenidensymbol des Zoroastrismus (unten)

Apostasie: Iran
Auch im Iran wird die Apostasie als Form des zivilen Ungehorsams verwendet. Mit einer langen Geschichte vor der Ankunft des Islams im 17. Jahrhundert haben sich sowohl junge als auch ältere Iraner dem Zoroastrismus zugewandt, einer präislamischen persischen Religion. Deren Hauptlehrsatz beschränkt sich auf die relativ simple Maxime: „Gute Gedanken, gute Worte, gute Taten“ und dient als Protest gegen den Absolutismus des islamischen Regimes. Diese erste monotheistische Religion enthält mehrere Lehrsätze der drei großen Abrahamistischen Glaubensrichtungen (Judaismus, Christentum und Islam), die ihren Urprung im Zoroastrismus finden.




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